Übliche Methoden der Atemkontrolle sind Strangulierung, Würgen und Ersticken mit Händen oder Hilfsmitteln. Atemkontrolle kann alleine bei der Masturbation oder einvernehmlich beim Sex mit Partner*innen praktiziert werden. In der BDSM-Community finden sich natürlich besonders viele Fans des Breath-Play, allerdings auch die schärfsten Kritiker.
Lange bevor es das Internet gab, waren Atemkontrolle und Breath-Play als das „Ohnmachtsspiel“ bekannt und berüchtigt. Alle paar Jahre berichtete die Presse über tragische Todesfälle von Teenagern beim Choking-Game. Rauschähnliche Zustände locken vor allem Jugendliche. Bei dem Spiel, auf den sozialen Netzwerken als Blackout-Challenge benannt, schnüren Teenager sich selbst oder mithilfe anderer die Luft ab – etwa durch Würgen oder durch Hyperventilieren. Durch den Sauerstoffmangel kommt es dann zu einer sekundenlangen Ohnmacht. Der euphorische Rausch, der nach dem Aufwachen folgt, lässt die Gefahren von Atemkontrolle schnell vergessen.
Methoden: Zusammenpressen des Brustkorbs, Strangulation, Hyperventilation, Abdrücken der Halsschlagader.
Objektiv kommt es bei der Atemkontrolle zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff und in Folge dessen zu einer Erhöhung des Kohlendioxidgehaltes des Blutes, wobei der Anstieg des Kohlendioxids den wesentlichen Aspekt ausmacht, denn es stellt sich dadurch schnell ein Schwindelgefühl ein. Subjektiv bewirkt Atemkontrolle ein starkes Beklemmungsgefühl, bis hin zur Panik. Besonders im Kontext von BDSM ist genau das beim Breath-Play erwünscht. Darum geht es ja – sich unterwerfen und sich der Gnade des/der Tops ausliefern. Zudem wird beim Breath-Play die Ausschüttung von Adrenalin angeregt. Das ist ein körpereigenes Aufputschmittel, das auch als Action-Hormon gilt. Es regt die Sauerstoffversorgung an, stellt Leistungsreserven zur Verfügung und fährt unwichtige Körperfunktion herunter.
Durch verschiedene Atemtechniken lassen sich während dem Breath-Play unterschiedliche Reaktionen erzeugen; beispielsweise bewirkt das ruhige und tiefe Ein- und Ausatmen während der Atemkontrolle ein Nachlassen von Panik und Übelkeit. Der natürliche Atemreflex kann so gut kontrolliert werden, wodurch die Atemkontrolle länger ausgehalten werden kann. Natürlich wird die Sauerstoffschuld umso höher, je länger die Atemkontrolle aufrechterhalten wird.
# Atemkontrolle erzeugt Sauerstoffmangel im Gehirn.
# Wegen erhöhtem Kohlendioxidgehalt im Blut wird vermehrt Adrenalin ausgeschüttet.
# Das Gehirn befindet sich mehr und mehr in einem rauschartigen Zustand, Euphorie macht sich breit und das „Opfer“ beim Würgen wird zusehend enthemmt, (ähnlich einem Drogenrausch).
# Anfänglich wird der Hochzustand durch die Ausschüttung von Endorphinen verstärkt, die das Glücksempfinden steigern.
# Im Kontext von Sex und oder BDSM ist das Empfinden bei Atemkontrolle einem Orgasmus sehr ähnlich bzw. ein durch zusätzliche sexuelle Stimulation erzielter Orgasmus wird als ungleich intensiver erlebt.
# Das Hochgefühl hält jedoch meist nur kurz an, dann folgt oft ein gefährliches Tief.
Das Zuhalten von Mund und Nase oder das Würgen mit der Hand ist beim Breath-Play die einfachste Methode. Wer bei der Atemkontrolle Hilfsmittel bevorzugt, greift auf Gürtel, Schals, Seile oder ähnliches zurück, die um den Hals geschlungen werden. Im BDSM wird Bondage gezielt über den Brustkorb geführt, was die Atmung einschränkt, ähnlich dem Effekt, der beim Tragen eines engen Korsetts zu verspüren ist. Durch das Anlegen einer Maske oder das Überziehen einer Plastiktüte kann die Atemkontrolle gezielt dosiert werden. Unter Hardcore Fans des Breath-Play sind aber auch drastischere Methoden verbreitet, wie das Abdrücken der Halsschlagadern oder der Einsatz eines Galgens. Bei einigen Praktiken wie dem Facesitting (beliebt im Setting Femdom/Malesub) ist die Atemkontrolle sozusagen ein erwünschter und angenehmer Nebeneffekt.
Viele Kinkster lieben es, beim Sex gewürgt zu werden. Beim Breath-Play bestehen allerdings auch Risiken.
Auf Atemkontrolle und Breath-Play werden oft die „normalen“ Regeln des BDSM angewendet, die bekannt sind als SSC (Safe, Sane & Consensual):
Kenner des Sicherheitskonzepts RACK (Risk aware consensual Kink) wissen, es gibt keine 100 % Sicherheit. Ihnen geht es darum, sich der Gefahren stets bewusst zu sein und anzuerkennen, dass es immer ein Restrisiko gibt, auch wenn man alles richtig macht und alles perfekt vorbereitet ist.
Im Jahr 2015 kam es zu einem Todesfall in Rahmen von Atemkontrolle. Eine Domina hatte einen Kunden auf seinen eigenen Wunsch bis zur Ohnmacht gewürgt. Obwohl sie seine Einwilligung nachweisen konnte, wurde sie verurteilt. Rechtlich gesehen ist nämlich jede sadomasochistische Handlung im Kontext BDSM-Session eine Körperverletzung. Jedoch gibt es zahlreiche Urteile, nach denen eine solche Tat keinen Rechtsverstoß darstellt, wenn die Einwilligung des „Opfers“ vorliegt. Das gilt allerdings, solange die sexuelle Handlung nicht „gegen die guten Sitten" verstößt und ein solcher Verstoß liegt natürlich beim Breath-Play vor, wenn es bei diesen Handlungen im Rahmen der Atemkontrolle zu einem Todesfall kommt. In den meisten dieser Fälle urteilen die Richter jedoch milde, indem sie zum Beispiel die verhängte Strafe zur Bewährung aussetzen. Damit tragen sie dem Umstand Rechnung, dass das Opfer im Bewusstsein der Risiken eingewilligt hat.
Der BDSM-Aktivist und Autor Jay Wiseman schreibt über Breath-Play in seinem Buch „SM 101: A Realistic Introduction“:
ZitierenIch weiß von keiner Form der Erstickung oder Strangulation, die den Empfänger nicht dem Risiko eines Herzstillstands aussetzt. [...] Ich kenne auch keine verlässlichen Warnsignale dafür, dass ein solcher bevorsteht. Wenn es zum Stillstand kommt, sind die Aussichten für eine erfolgreiche Reanimation, selbst bei einer perfekten Herz-Lungen-Wiederbelebung, gering.
Wenn dich Breath-Play und Atemkontrolle trotz aller Gefahren reizen und du es ausprobieren möchtest, solltest du auf jeden Fall die oben genannten Regeln beherzigen. Und die Fans von Hardcore Breath-Play müssen sich allerdings die Frage gefallen lassen, ob sie dieses Spiel unbedingt auf die Spitze treiben müssen. Das Gefühl von Unterwerfung und von Kontroll- oder Machtverlust, lässt sich auch erzielen, ohne dass eine Ohnmacht beim Breath-Play am Ende steht.
Tomasz Bordemé ist Autor und Blogger, der über BDSM und Erotik schreibt. Außerdem versorgt er unsere kinky Community auf Fetisch.de mit News und Einsichten aus der Szene.
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