In Leder gekleidet, peitschenschwingend und absolut nicht bereit, sich irgendeinen Scheiß gefallen zu lassen, ist die Domina zu einer kulturellen Ikone geworden. Aber wie lange bestrafen diese furchterregenden Frauen schon ihre Untergebenen? Das ist nicht immer leicht zu sagen. Historische Quellen gibt es bei sexuellen Themen leider nur selten. Aber die Rolle scheint so alt zu sein wie die moderne Gesellschaft – und vielleicht reicht die Geschichte der Domina sogar noch weiter zurück.
Die Idee, für sexuelles Vergnügen zu bestrafen und bestraft zu werden, tauchte schon in den frühesten Zivilisationen auf. Das antike etruskische "Grab der Auspeitscher" zeigt zum Beispiel eine Frau, die während eines Dreiers ausgepeitscht wird. Auch in der antiken Kunst tauchen Figuren auf, die heutigen Dominas ähneln. So zeigt die Villa der Mysterien in Pompeji das Bild einer peitschenschwingenden Göttin. Einige Archäologen glauben, dass Peitschenhiebe, sensorischer Entzug und Positionen der Demut Teil religiöser Initiationen gewesen sein könnten. Diese Empfindungen erzeugten einen veränderten Bewusstseinszustand, der den Geist für übersinnliche Wahrnehmungen öffnen sollte.
Diese mythologischen Figuren sind die konzeptionellen Vorfahren der modernen Domina. Das behauptet Anne O. Nomis, die führende Historikerin des BDSM. In ihrem Buch "The History and Arts of the Dominatrix" erforscht Nomis diese Bezüge. Von der körperlichen Bestrafung bis hin zu Akten der Anbetung gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen damaligen Riten und heutigem Spiel.
Die Geschichte der Domina – unsere Vorfahren liebten eine gute Auspeitschung. Bild: Biblioteca Rector Machado y Nuñez via Flickr CC BY 2.0 license
Was den Sex in der Antike angeht, tappen Historiker im Dunkeln. In der Tat sind wir für einen Großteil der Geschichte gezwungen, uns auf Vermutungen über die sexuellen Vorstellungen und Praktiken der Menschen zu beschränken. Die Quellenlage ist bescheiden. Erst wenn wir uns der Neuzeit nähern, klärt sich das Bild etwas auf, denn in den Jahrhunderten nach dem Buchdruck entstand ein ganzes Genre von erotischer Literatur. Und eines, was wir aus diesen Proto-Pornos schließen können, ist, dass unsere Vorfahren sehr auf dominante Frauen standen.
Nehmen wir zum Beispiel "Fashionable Lectures". Ein Text, der erstmals im England des 18. Jahrhunderts gedruckt wurde, in dem es ums Auspeitschen geht, insbesondere das Auspeitschen durch autoritäre Frauen. Der Autor lobt "schöne Damen", die die Rolle von Mutter, Stiefmutter, Gouvernante, Zofe oder Haushälterin übernehmen.
Beim Sichten zeitgenössischer Literatur entsteht der Eindruck, das England des 18. und 19. Jahrhunderts von Leuten bevölkert wurde, die von Frauen dominiert und ausgepeitscht werden wollten. John Clelands Roman Fanny Hill von 1748 enthält eine Reihe bekannter Auspeitschungsszenen. Fanny peitscht nicht nur Freier aus, sondern wir sehen ausdrücklich, wie sie sie dominiert. Legt man heutige Maßstäbe, wirkt Fanny allerdings sehr unbeholfen.
Der arme Kleine hatte sich sozusagen in den Bauch verkrochen und ließ kaum die Spitze seines Kopfes aus dem Haar herausschauen. Er gab mir jetzt seine Strumpfbänder, damit ich ihm die Beine an die Bank festbinde, was offenbar nur dazu diente, die Komödie wahrscheinlicher zu machen. Ich streckte ihn also der Länge nach auf dem Bauche aus, band ihm Füße und Hände und bewunderte einen Augenblick die beiden festen weißen Backen, die er mir entgegenstreckte. Dann ergriff ich die Ruten und gab ihm nach seiner Anordnung zehn mit aller Kraft geführte Hiebe, die aber nicht mehr Eindruck auf ihn machten, als ein Mückenstich auf einen Elefanten. Ich bemerkte mit Erstaunen, wie gefühllos er[164] war, denn die Ruten hatten schon beinahe seine Haut zerrissen, ich zog auch mehrere Holzsplitter heraus, ohne dass er im geringsten klagte.
Ich war so betroffen von diesem merkwürdigen Schauspiel, dass ich es schon bereute, mich dazu hergegeben zu haben und aufhören wollte; aber er bat mich dringend fortzufahren, was ich denn auch tat, bis ich sah, dass er plötzlich merkwürdige Bewegungen machte, die aber durchaus nicht auf Schmerzen zu deuten schienen. Neugierig führte ich eine Hand unter seinen Schenkeln hindurch und fand allerdings die Dinge erstaunlich verändert. Das Glied, das ich für regungslos gehalten hatte, hatte jetzt einen so überraschenden Umfang gewonnen, dass sein Kopf allein genügt hätte, meine Muschel ganz auszufüllen.[165] Es war kurz und von einer enormen Dicke, ganz wie es seiner breiten Statur entsprach. Er bat mich jetzt fast flehentlich, die Züchtigung fortzusetzen, da er sonst nicht auf den Gipfel der Wollust gelangen könne.
Ich ergriff also wieder die Ruten und begann das Spiel von neuem, bis er nach erneuten krampfhaften Bewegungen und tiefen Seufzern regungslos liegen blieb. Dann bat er mich, ihn loszubinden, was ich so rasch als möglich tat. Er konnte kaum gehen, so gut hatte ich meine Arbeit getan. Auf der Bank bemerkte ich die Spuren einer reichlichen Ejakulation, während sein Glied sich schon wieder schamvoll verborgen hatte.
Eine Auspeitschung durch eine dominante Prostituierte scheint nicht unüblich gewesen zu sein, wenn man zeitgenössischen Künstlern und Autoren glaubt. Werke wie die von William Hogarth sind voller diesbezüglicher Anspielungen.
Es gab sie wirklich, diese Spezialistinnen, und manche von ihnen waren im 19. Jahrhundert sehr berühmte Persönlichkeiten, von denen Theresa Berkley eine der bekanntesten ist. Sie betrieb eines der berühmtesten Bordelle Londons und besaß eine riesige Auswahl an Strafwerkzeugen. In BDSM Kreisen ist sie berühmt, denn sie ist die Namensgeberin des "Berkley-Pferdes". Dabei handelt es sich um einen Strafbock, der nach ihrem Entwurf gefertigt wurde. Theresa Berkley galt als geschäftstüchtige Frau, deren Dienste sich nur gut betuchte Freier leisten konnte, vor allem, wenn sie von Lady Berkley persönlich betreut werden wollten.
Betrachtet man frühmoderne historische Quellen über die Geschichte der Domina, geht es meist um Prostituierte. Das sollte aber nicht zu der Annahme verleiten, dass nur Damen der „ältesten Zunft“ ihre Partner in jener Epoche auspeitschten. Obwohl es in der damaligen erotischen Literatur meist Prostituierte sind, kann man nicht daraus schließen, dass dies auch im Privatleben der Fall war.
Historische Frauen wie Theresa Berkley und ihre literarischen Ebenbilder wie Fanny Hill sind die Vorfahren unserer heutigen Dominas. Ein Großteil der modernen BDSM-Kultur ist aus der sexuellen Revolution der Nachkriegszeit hervorgegangen. Doch vieles davon hat noch ältere Wurzeln, nicht zuletzt, weil diese Pioniere auf die Geschichte der Domina zurückblickten, um sich inspirieren zu lassen. Und wer denkt schließlich nicht gerne daran, dass das, was ihn anmacht, auf einigen der ältesten spirituellen Überzeugungen der Menschheit beruht?
Leo Larkin ist ein Autor bei der englischen Schwesterseite Fetish.
Er schreibt über Geschichte und die humorvolle Seite des Sex.
Übersetzt von Tomas Bordemé. Autor und Blogger, der für Fetisch.de über BDSM und Erotik schreibt.
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