Auf den ersten Blick mag es der Intuition widersprechen. Das soll die Lust steigern? Auf Sex zu verzichten und den Orgasmus hinauszuzögern? Dass genau das der Fall ist, macht das Spiel von Keuschheit und Orgasmuskontrolle so mächtig.
Der Reiz der Keuschheit liegt in der Unterwerfung, insbesondere bei etwas so ursprünglich Sexuellem wie der Masturbation und/oder dem Orgasmus. Für diejenigen, die die Kontrolle übernehmen, geht es darum, die Macht zu haben. Sie können der submissiven Person Sex oder Masturbation erlauben und sie können befehlen, dass der Höhepunkt hinausgezögert werden muss. Oder sie können die Orgasmusverweigerung beenden, um die submissive Person zu belohnen, und ihr einen Höhepunkt erlauben.
Der submissive Part unterdessen genießt den Verzicht, er/sie überlässt die eigene Sexualität gerne dem Herrn oder der Herrin.
Auf die Spitze getrieben wird das Spiel der Orgasmusverweigerung durch Edging: Dem/der Sub wird befohlen, sich zu stimulieren, bis er/sie sich dem erlösenden Orgasmus nähert, der jedoch immer wieder verweigert wird. Sub muss betteln, darf aber nicht kommen, stattdessen wird ein neuer Zyklus des Edging gestartet. Erneute Stimulation bis nahe an den Höhepunkt und … Abbruch.
Ein wichtiger Aspekt des Spiels mit Keuschheit ist, dass die Lust des Sub auf die Spitze getrieben wird. Wie bei einer Champagnerflasche, die immer wieder geschüttelt wird, steigen Lust und Frustration immer weiter an. Dieses Loslassen, die Erlösung, die der Sub empfindet, wenn er endlich die Erlaubnis seiner Domina erhält, ist für den Sub der ultimative Kick.
Ein Carrera-Keuschheitsgürtel für Frauen. BenHur über WikiMedia Commons.
Für submissive Personen gibt es viele verschiedene Varianten des Spiels mit Keuschheit – ganz unabhängig vom Geschlecht. Bei Männern oder generell Penisträgern gehört der Peniskäfig zur Grundausstattung. Der Peniskäfig verhindert, dass der Sub seiner Lust nachgibt und sich selbst anfasst. Je nach Modell verhindert der Käfig eine Erektion, bzw. macht die Erektion zu einer schmerzhaften Erfahrung.
Für Besitzerinnen einer Vagina ist der klassische Keuschheitsgürtel immer noch die beste Option, vor allem weil die Hersteller diese mittelalterlichen Foltergeräte erheblich modernisiert haben, sodass sie viel bequemer zu tragen sind.
Für das Spiel mit der Keuschheit braucht es aber nicht unbedingt diese Art von Hardware. Im Kontext von D/s Beziehungen gibt es viele andere Möglichkeiten die Lust des/der Sub zu kontrollieren.
Masturbation und Orgasmen sind während des Tragens von Peniskäfig oder Keuschheitsgürtel praktisch ausgeschlossen. Nur der auserwählte "Schlüsselhalter" kann den Käfig entfernen. Die meisten Männer krümmen sich schon beim bloßen Gedanken daran, doch andere macht diese Vorstellung unglaublich heiß. Manche sagen, dass Orgasmusverweigerung die Libido immens erhöht und das Konzentrationsvermögen steigert. Wichtiger Faktor für eine BDSM-Beziehung: Diese Praktik ist eine Steigerung der Dom-Sub-Beziehung, bei dem der Herr oder die Herrin den Sub bestrafen kann, indem er oder sie ihm nicht nur Sex verweigert, sondern auch die Möglichkeit nimmt, einen Orgasmus zu haben.
Keuschheit ist kein Fetisch für Leute, die sich nur mal eben eine Prise BDSM für das Schlafzimmer wünschen. Chastity verändert das Leben des Eingeschlossenen nachhaltig und bedeutet eine große Verantwortung für den Schlüsselhalter.
Wer ohne Käfig und Keuschheitsgürtel spielen möchte, für den gibt es viele andere Optionen.
Wichtig beim Spiel mit Keuschheit sind sorgfältige Verhandlungen sowie starke und klare Kommunikation. Wenn Sub und Dom sich diesem Spiel mit einem klaren Kopf nähern, können Regeln erarbeitet werden, die für beide gut funktionieren.
Belohne deinen Sklaven mit einem neckischen Spiel oder verlange sexuellen Gefallen. Stelle ihm in Aussicht, dass Tage oder Stunden von der aktuellen Keuschheitsperiode abgezogen werden, oder versprich ihm — wenn er sehr, sehr brav ist — einen Orgasmus!
Er kocht, serviert, wäscht ab und kleidet sich in einen schicken Anzug, fungiert für dich als Kellner oder Butler. Im Gegenzug verdient er sich die ungekünstelte Neckerei mit dir, seiner dominanten Schlüsselhalterin.
Sobald der Sklave dem Schlüsselhalter drei Orgasmen hintereinander verschafft, wird er mit einem Orgasmen belohnt!
Auf Belohnungen basierende Regeln sind eine gute Möglichkeit, um sicherzustellen, dass beide Partner das bekommen, was sie wollen und brauchen. Der Schlüsselinhaber legt die Regeln auf der Grundlage dessen fest, was gemeinsam gewünscht ist.
BDSM-Keuschheit ist nicht für jedermann, denn es fällt vielen schwer, das notwendige Maß an Selbstbeherrschung aufrechtzuerhalten, und für andere ist es einfach zu unbequem, körperlich eingesperrt zu sein.
Aber vielleicht ist Keuschheit eine Idee, die du anregend findest und die du deinem sexuellen Repertoire hinzufügen willst.
Hört sich Keuschheit nach Spaß an? Kitzelt es deine erotische Fantasie? Wenn ja, finde einen Partner, sprecht darüber und verhandelt, welche Form euer Keuschheitsspiel annehmen soll, und schon könnt ihr loslegen.
M. Christian ist Autor und Kolumnist für Future Of Sex. Er gibt außerdem Workshops im Bereich Sex und BDSM, wobei unterschiedliche Themen, von Polyandrie bis Titten-Folter, behandelt.
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