Sie ist auf den Strafbock gespannt, er steht mit dem Rohrstock hinter ihr. Er geht noch einmal langsam um sie herum. Dann nach vorne zu ihrem Gesicht, beugt sich runter und flüstert ihr genüsslich ins Ohr: „Ich werde dich jetzt bestrafen. Und du wirst für mich leiden, meine Süße. Du gehörst mir.“ Mit dem Knebelball im Mund, eine Fessel um ihren Nacken, versucht sie den Kopf zu schwenken, dreht ihre nassen Augen so gut es geht zu ihrem Herrn. Ihre aufgerissenen Augen offenbaren einen ängstlichen Blick zu ihm hinauf und so stöhnt sie ein undeutliches aber lüsternes „Ja, mein Herr“ aus ihrem Hals, während ein bisschen Speichel vom Knebel-Ball tropft. Er sieht ihre Lust und ihre Angst. Er genießt es, gleich mit der Bearbeitung ihres Hinterns zu beginnen. Seine Sub stöhnt lustvoll bei den ersten Hieben, fängt bald an zu schwitzen, versucht deutlich hörbar zu schreien, zuckt in ihren Fesseln. Dann kommen die ersten Tränen, die ihren Kajal das Gesicht runterlaufen lassen. Genau diese Details sind es, die ihn geil machen. Es ist die Reaktion auf die Schläge, die ihn richtig erregt, nicht das Schlagen an sich.
Erkennst du dich wieder? Egal ob Herrin, Dom, Sub oder Sklavin – bei den meisten BDSM-lern ist die Reaktion des Gegenüber ein fester Bestandteil des Spiels. Viele Devotlinge oder Masochisten können den Schmerz, das ausgepeitscht oder angespuckt werden nicht richtig genießen, wenn sie nicht spüren, dass es der Herrin respektive dem Herrn auch Spaß und Lust bereitet. Hierbei spricht man umgangssprachlich vom Reaktionsfetisch.
Es ist nicht die reine Aktion, nicht nur das Material oder die Optik, die dich anmacht. Dass dir dein Sklave die Schuhsohlen leckt oder du ihn mit der Gerte züchtigst, ist dir an sich nachrangig. Dir geht es darum, wie er sich vor dir voller Erregung räkelt. Es macht dich nicht geil, dass du in seine Nippel kneifst, sondern wie er dabei schaut, wie er stöhnt, wie er sich windet. Das Klatschen deiner Hand in sein Gesicht ist schön, aber viel mehr macht es dich an, wie dein Sklave zuckt und erschrocken zu dir aufschaut. Du willst seine Reaktion auf deine Aktion sehen, sehen was du ausgelöst hast. Gerade Face-Slapping ist als Erziehungsmethode prädestiniert, bei welcher sich der Blickkontakt wunderbar halten lässt und damit Reaktionen genau beobachtet werden können.
Wenn dich das Zucken, Stöhnen, Zittern, Betteln, Weinen oder Schreien deines Sklaven geil macht, dann gehörst du zu den sogenannten „Reaktionsfetischisten“. Ok, Fetischismus ist gemeinhin anders definiert, genau genommen sprechen wir von einer „-philie“, aber lasst uns hier einfach bei der umgangssprachlichen Verwendung des Wortes Fetisch bleiben.
Reaktionsfetischismus gibt es natürlich auch auf der anderen Seite: Der Sklave lutscht die Schuhsohlen seiner Herrin und findet diesen Vorgang nur deshalb toll, weil die Herrin sich an der Demütigung und Erniedrigung ihres Sklaven labt. Der Sklave versucht immer wieder einen Blick noch oben in die glänzenden Augen seiner Herrin zu erhaschen und lauert auf jedes Stöhnen seiner erhabenen Gebieterin, freut sich über jeden süffisanten Befehl.
Ein ganz klassisches Beispiel für reinen Reaktionsfetisch ist sicherlich der Fall, dass eine Frau sich die Füße lecken und küssen lässt und diesen Vorgang selbst „nur“ deshalb erregend findet, weil sie dabei ihren Sub beobachtet und es genießt, wie er davon geil wird. Wie er beim Füßeküssen leidenschaftlich stöhnt, einen harten Schwanz bekommt, aus dem vielleicht schon vom reinen Akt des Füßeküssens ein paar Lusttröpfchen austreten. Es kann hier also durchaus möglich sein, dass der Sklave als Fußfetischist einfach das Körperteil Füße geil findet und dabei herzlich wenig an der Reaktion seiner Spielpartnerin interessiert ist – und die Gefußleckte wiederum eigentlich gar nichts am Knutschen ihrer Füße finden würde, wäre ihr Subbie dabei nicht in solch explosiver Ekstase.
Oder umgekehrt: Den Dom macht es einfach nur geil, menschliche lebendige Haut mit dem Rohrstock zu schlagen und die roten Striemen zu sehen – ganz unabhängig davon, ob und wie seine Sub reagiert. Die Sub dagegen ist vielleicht nichtmal wirklich maso, aber von den erregungsvollen Reaktionen ihres Dom aufgrund der Schläge ist sie so entzückt und erregt, dass sie die Schläge und die Schmerzen mit Lust erträgt.
Beim Reaktionsfetisch muss es nicht immer nur um Reaktionen wie körperliche Schmerzen gehen. Beispielsweise in einer Cuckolding-Szenerie, wo die dominante Frau als sogenannte „Hotwife“ vor den Augen ihres Sklaven mit anderen Männern schläft, ergötzt sie sich an den traurigen Blicken ihres neben dem Bett knienden Mannes. Auch bei rein verbaler Erniedrigung ist die Mimik des Sklaven als Reaktion auf die Schmach ein gewolltes Spiel-Element.
Wie immer, wenn es um BDSM-Praktiken geht, widmen wir und den Gefahren und wie man Verletzungen verhindert. Bei der Lust auf Reaktionen handelt es sich natürlich nicht um eine Praktik an sich, aber dennoch kann man dazu sagen, dass gerade der dominante Part in einer BDSM-Session es vor lauter Lust an der Reaktion des Gegenüber nicht übertreiben sollte. Für solche Fälle ist ein Safeword immer von Vorteil. Denn oftmals kann nicht klar unterschieden werden, ob der Sklave voller Erregung „Gnade, mein Herr“ brüllt und dabei eigentlich weiter gequält werden will, oder ob es inzwischen wirklich zu viel des Bösen ist.
Unser Autor xOpenMind81x lebt seine Kinks seit 2004 aus und ist nicht nur zu Recherchezwecken für seine Artikel in der BDSM-Szene recht aktiv unterwegs.
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