Bei der Benutzung des Safewords geht es vor allem um die Vermeidung von körperlichen Verletzungen und bleibenden Schäden. Aber natürlich auch darum, dass die/der Sub sich nicht unwohl fühlt oder es ihr einfach zu weit geht, sei es bezüglich Schmerzen, Demütigung oder sonstigem.
Aber ist ein Safeword wirklich immer zwingend unabdingbar? Wahrscheinlich kann ein Safeword mitunter auch die BDSM-Romantik ein wenig untergraben. Bevor du beim Lesen jetzt gleich erschreckst und denkst: „Wie verantwortungslos, vom Safeword abzuraten!“, lies bitte weiter.
Natürlich ist es beim Spiel mit Lust, Schmerz und Hilflosigkeit des Sub unter sehr vielen Umständen absolut sinnvoll und notwendig, ein Safeword zu vereinbaren, wie ich auch schon im Artikel "BDSM Session - Tipps für den Dom-Part" geschrieben habe.
Aber als echtem BDSM-Romantiker widerstrebt es der devoten Seite in mir, bei einer Session eben doch die letzte Instanz der Kontrolle inne zu haben, indem ich mit einem einzigen Wort alles beenden oder lenken kann. Eine Domina erklärte mir einmal, sie habe für ihre Gäste immer zwei Safewords. „Gelb“ heißt: Bitte etwas softer oder diese konkrete Handlung beenden und mit etwas anderem weiter machen. „Rot“ bedeutet den sofortigen Abbruch der kompletten Session. Eben dann entsteht leicht ein Gefühl von Machtumkehr – dazu auch mehr in meinem Artikel "Topping from the Bottom - Wenn die Sub die Zügel in die Hand nehmen muss“.
Klar, wenn sowieso nicht mit Schmerzen und potenziellen Gefahren gespielt wird, dann ist ein Safeword nicht wirklich wichtig. Die NoGos und Tabus sollte man dann trotzdem vorab geklärt haben. Wenn man BDSM so praktiziert, dass man dabei ganz offen miteinander redet, muss es sicher ebenfalls nicht unbedingt sein, ein Safeword festzulegen. Denn dann kann der/die Sub auch ganz normal kommunizieren, wenn es ihr zu viel wird.
Aber ein BDSM-Romantiker wünscht sich, dass beide Spielpartner wirklich tief in ihre Rollen abtauchen und es keine Gespräche wie „Na, wie ist das so? - Joa, geht noch.“ stattfinden. Vielmehr soll eine authentische Atmosphäre mit möglichst tiefer Asymmetrie von Macht und Ohnmacht hergestellt werden. Dazu sollte eigentlich gehören, dass der Sub oder Sklave den dominanten Launen und sadistischen Gelüsten seiner Herrin ausgeliefert ist. Ein echter Masochist möchte wirklich leiden, denn Maso kommt nun mal nicht von Massage. Ein wahrer Masochist möchte nicht, dass immer alles im angenehmen Bereich bleibt. Er will auch einmal herausgeholt werden aus der Komfort-Zone und sich wirklich spüren, krasse Grenzerfahrungen machen – und vor allem: Er möchte seine Herrin stolz und glücklich machen.
Ein BDSM-Romantiker könnte das ausgepeitscht werden vielleicht sogar mit einem Marathonlauf vergleichen: Vor dem Marathon weiß er, es wird hart, es wird eine Tortur, aber er will es einfach schaffen! Während dem Lauf verflucht er sich und sagt zu sich selbst: „Verdammt, was machst du hier? Warum tust du dir diese Scheiße bloß an!?“. In diesem Moment ist es eben NICHT gut und schön. Irgendwann kommt er vielleicht auch in den Flow und kann es genießen. Aber das allerwichtigste ist das Gefühl danach. Danach macht sich ein Glücksgefühl breit, der Schmerz (beim Marathon in den Füßen oder Knien, beim BDSM wohl woanders) lässt nach und man ist unglaublich stolz, dass man es überstanden hat. In diesem Moment denkt man sich: Das mache ich in zwei Wochen gleich nochmal!
Und so geht es einigen echten Masochisten auch mit Schmerz, zum Beispiel beim Auspeitschen oder hartem Canning/Spanking. Er will tatsächlich so hart fixiert sein, so fest an einen Strafbock gefesselt sein, dass er nicht mehr weg kann und es auch kein Entrinnen durch ein Safeword gibt. Die Herrin darf sich wahrhaftig daran ergötzen, dass der Maso-Sub ernsthaft leidet. Und dass er es in diesem Moment eben nicht mehr gut findet, aber trotzdem keinen Ausweg hat, sondern den Schmerz einfach ertragen muss. Klingt für dich verrückt oder unrealistisch? Dann ist diese fast „ernste“ Art des Spielens wahrscheinlich nichts für dich, aber solche Masochisten gibt es tatsächlich. Das größere Problem ist in der Realität eher, eine/n Dom zu finden, die/der den Extrem-Maso tatsächlich so hart rannimmt, dass es zu einem solch extremen Szenario kommt. Denn natürlich ist sich die Herrin im Normalfall ihrer Verantwortung bewusst und wird oftmals vorsichtiger sein, als es ihrem extrem-masochistischen Sklaven lieb ist. Es braucht meist viel BDSM-Erfahrung und bedarf einer gewissen Zeit, sich aufeinander einzuspielen, bis es wirklich dazu kommt, dass die Grenzen des Subs bewusst überschritten und erweitert werden.
Sehr wichtig, egal was ihr vorhabt, ist die Kommunikation im Vorfeld und auch nach einer Session. Sagt euch gegenseitig, was ihr erwartet, was eure Tabus sind, was ihr gern mal ausprobieren würdet. Wenn ihr euch an extreme Schmerzerfahrungen rantasten wollt, besprecht unbedingt Vorerkrankungen, eventuelle Kreislaufprobleme, frühere Verletzungen. Vor allem für den aktiven Part ist es enorm wichtig, die/den Sub zu kennen und zu verstehen.
Romantik ist gut, Sicherheit ist besser – das solltet ihr euch immer vor Augen führen. Habt Spaß, seid wild, aber vergesst nie, dass es bei BDSM-Spielen auch schnell gefährlich werden kann.
Viel Spaß bei allem, was erlaubt ist – ob mit oder ohne Safeword!
Unser Autor xOpenMind81x lebt seine Kinks seit 2004 aus und ist nicht nur zu Recherchezwecken für seine Artikel in der BDSM-Szene recht aktiv unterwegs.
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