BDSM steht für die drei Wortpaare „Bondage & Disziplin, Dominanz & Submission, Sadismus & Masochismus“, und wegen der zentralen Stellung wird die übergeordnete Bedeutung des Buchstabenpaar „DS“ überdeutlich. Wie wichtig das ist, weiß jede/r, der einmal einen BDSM-Stammtisch oder -Munch besucht hat, denn dort schallt dem neuen Besucher regelmäßig „bist du eigentlich dom oder sub?“ entgegen.
Wir Menschen lieben einfach Schubladen, deshalb sind wir natürlich bestrebt, jemanden sofort in eine dieser beiden Schubladen einzusortieren. Es sind schließlich die beiden Schubladen für BDSMler– oder etwa nicht? Nicht ganz, denn es gibt noch eine dritte Möglichkeit im BDSM aktiv zu sein, nämlich als Switcher. To Switch ist englisch und bedeutet wechseln oder schalten und genau so ist switchen auch im BDSM zu verstehen. Ein Switcher ist jemand, der/die sich sowohl in der Rolle des/der Top zu Hause fühlen kann wie in der Rolle des/der Bottom.
Ein Switcher ist jemand, der zwischen Dominanz und Submission wechselt. Der dynamische Wechsel hängt von der Stimmung, den Umständen und der Atmosphäre zwischen den Partnern ab. Das Switching ist nicht immer auf das sexuelle bezogen, es geht um den Austausch der Macht oder um die Umkehr der gerade vorhandenen Machtverhältnisse. Switcher berichten auch häufiger, dass es von dem Partner bzw. den Partnern abhängt, ob sie sich dominant oder submissiv fühlen. Es gibt Dominas, die ihre devote Seite nur gelegentlich mit anderen dominanten Frauen ausleben.
Es gibt keine wissenschaftlichen Untersuchungen dazu, wie viele Menschen switchen und bei Volksbefragungen wird diese Neigung leider auch nicht abgefragt.
Sieht man sich auf den einschlägigen Datingplattformen um, drängt sich der Eindruck auf, dass es verdammt viele Switcher gibt, oder solche, die sich dafür interessieren. Die Gruppe für Switcher auf FetLife hat über 20.000 Mitglieder, also etwas weniger als halb so viele wie die Gruppe der Subs, die nach einem dominanten Partner suchen. Auf deutschsprachigen Plattformen zeigt sich ein ähnliches Bild. Es ist auch nicht gerade selten, dass jemand sich zunächst als Sub identifiziert hat und später irgendwann mal die Rollen wechselt, um seine/ihre dominante Seite zu erkunden. Die menschliche Sexualität ist nicht festgelegt; sie entwickelt sich ständig weiter, wenn wir neue Dinge erleben und nach neuen Erfahrungen suchen.
Ganz einfach: Darüber nachdenken, was dich anmacht. Dann ausprobieren, was dich in der Fantasie am meisten fasziniert. Wenn du dich manchmal danach sehnst, die Kontrolle im Schlafzimmer zu übernehmen und andere Male die Vorstellung reizt, dass der Partner dich unterwirft, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du ein Switch bist.
Bist du unsicher, hilft ein Gespräch mit deinem Partner bzw. deinen Partnern. Absolute Ehrlichkeit ist dabei wichtig.
Der Vorteil des Switching ist, dass es die Möglichkeit bietet, auf verschiedene Arten mit ganz unterschiedlichen Partnern zu spielen. Das gibt die Chance auf eine tiefere Verbindung zu einem Partner bzw. interessante und abwechslungsreiche Beziehungen mit mehreren oder wechselnden Partnern.
Einmalig beim Switching ist die Möglichkeit eines Blicks auf die „andere Seite der Macht“. Man wird ein/e bessere/r* Sub, wenn man sich auch mal Dom versucht hat. Abgesehen davon haben sowieso viele erfahrene Doms und Dominas mal als Sub angefangen.
Man verfeinert seine Fähigkeiten und das Wechseln der Rollen kann auch in mentaler Hinsicht sehr befreiend sein. Man kann verschiedene Kopfräume erkunden und sich von Rollen befreien, die man glaubt, beim Sex spielen zu müssen.
Abgesehen davon, dass viele Switcher sagen, dass man schnell danach süchtig wird, gibt es kein Risiko. Als Switch lernt man Risiken von allen Seiten kennen und verinnerlicht die Methoden sie zu minimieren schnell. Jedes BDSM-Spiel birgt Risiken, weshalb Einvernehmlichkeit, Konzepte wie SSC und das Verwenden von Safewords integral sind.
Auf jeden Fall zuerst mit dem Partner reden, bevor du offiziell zu switchen beginnst. Rechne nicht damit, dass du von der ersten Sekunde die perfekte Queen bist oder der „King of the Doms“. Fühle dich in die Rolle ein, fang klein und bescheiden an und taste dich langsam in die neue Dynamik vor.
Lass diese unbekannte andere Sache extra langsam anlaufen. Sanfte einfache Fesselungen, leichte Strafen mit Strafwerkzeugen, die einfach im Handling sind. Du wirst schnell wissen, womit du dich wohlfühlst und ganz natürlich versuchen, die Spielmöglichkeiten für dich und den Partner zu erweitern.
Es gibt nicht das eine Switching. Das für alle gilt, keine Regeln, kein Handbuch, nach dem man soundsoft switchen muss oder sich festlegen müsste. Jede/r ist anders in seinen Neigungen, Bedürfnissen und Anlagen. Die eine Domina ist immer streng und herrisch, unterwirft sich aber alle paar Monate mal dem richtigen Kerl.
Gerade Switcher, bei denen eine Seite ganz klar überwiegt, haben manchmal das Problem, dass man sie nicht richtig ernst nimmt und von ihnen verlangt wird, sich doch endlich mal festzulegen. Pfeif darauf und sei einfach du selbst!
Tomasz Bordemé ist Autor und Blogger, der über BDSM und Erotik schreibt. Außerdem versorgt er unsere kinky Community auf Fetisch.de mit News und Einsichten aus der Szene.
Bist du selbst ein Switcher? Hast du schon mal den Schritt auf die andere Seite der Peitsche gewagt? Diskutiere im Forum von Fetisch.de mit.
*Mit „Bessere/r Sub“ ist hier das Selbstverständnis gemeint. Es gibt kein Ranking von Subs und auch keine allgemein gültigen Level, die man durchstehen, oder Prüfungen, die man ablegen könnte.
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