Die Entstehung von Topping from the Bottom kann mehrere Gründe haben. Ein klassisches Beispiel ist, dass ein Part in einer konservativen Liebesbeziehung seine devote und/oder masochistische Neigung outet und seinen Partner bittet, diese mit ihm auszuprobieren. Die Partnerin, die eigentlich nicht dominant veranlagt ist, versucht ihrem Freund zuliebe das Spiel mit zu spielen, findet daran aber eigentlich keinen Gefallen. Sie tut es dem Partner zuliebe. Da sie bei dem für sie befremdlichen Spiel auch keine eigenen Ideen entwickelt, weist der Freund sie an, diese und jene dominanten Handlungen durchzuführen – er betreibt also Topping from the Bottom.
Ein anderes Beispiel ergibt sich auch sehr oft innerhalb der BDSM-Szene durch ein asymmetrisches Angebot-/Nachfrage-Verhältnis der Geschlechter: es gibt schlichtweg weitaus mehr Männer, die nach sexuellen Abenteuern oder BDSM-Spielpartnern suchen als Frauen. Um dieses Ungleichgewicht auszugleichen ist der Eintritt in Swingerclubs und SM-Parties für männliche Besucher oft weitaus teurer als für Frauen oder Paare. So überträgt sich diese Asymmetrie auch in die Internet-Postfächer der Abenteuerlustigen. Ist die Frau dominant und der Mann devot, passt die Asymmetrie perfekt und die Herrin kann mit ihrer großen Auswahl an Sklaven direkt kokettieren. Ist allerdings der Mann dominant und die Dame submissiv, ist das Ungleichgewicht leider verkehrt: Der männliche Dom sucht nach einer passenden Sub, schreibt viele an, oft ohne eine Antwort zu bekommen. Wohingegen die weibliche Sub ständig einen vollen virtuellen Briefkasten hat und aus vielen Angeboten auswählt, was ihr am meisten zusagt. So ergibt es sich, dass der Dom versucht, der Sub möglichst zu gefallen und zu imponieren und bloß nichts falsch zu machen. Dies kann sich auch auf die Session übertragen, weil die Sub zuvor genau sagt, was sie will und was nicht. Der Dom befürchtet, dass die Sub sich bei Nicht-Gefallen doch einen anderen Dom nimmt, wenn er nicht genau tut, was sie vorgibt.
Ein weiteres gutes Beispiel ist sicherlich die professionelle Domina. Schon alleine durch das Dienstleister-/Kunde-Verhältnis lässt sich Topping from the Bottom kaum vermeiden. Im Vorgespräch fragt die Domina, was der Gast möchte, dies wird in der vom „Kunden“ bestellten und bezahlten Session umgesetzt. Viele Dominas fragen sogar, was sie zur Session anziehen sollen. Das mag für Material-Fetischisten super sein, für echte Devotlinge aber ist es ein NoGo, der Gebieterin ihre Klamotten vorzuschreiben.
Diese Frage lässt sich nicht klar beantworten. Es ist abhängig von der Situation oder einfach Geschmack der Protagonisten, aber auch von deren echten Neigungen. Für einen wirklich naturdevot veranlagten Sklaven zählt nur die Freude seiner Herrin oder seines Herrn. Dass auch solch ein Sub Grenzen und Tabus hat, ist klar, dennoch versucht er, sich den Neigungen seiner Gebieterin möglichst weit anzupassen und zu ertragen, was sie ihm antun möchte. Aber Topping from the bottom würde einen richtigen Devotling sicher abturnen.
Wohingegen eine Fetischistin von Material oder bestimmten Handlungen sehr wohl Gefallen daran finden kann, wenn ihr Herr mit ihr genau das tut, was sie will. Schließlich geht es ihr weniger um das psychologische Spiel, sondern eher um die Praktiken an sich.
Auch ein Neuling mit echter dominanter Neigung kann dankbar sein, wenn ihn seine erfahrene Sub an das Spiel um Macht und Ohnmacht mit Anweisungen von unten, also Topping from the Bottom, heranführt.
Jedoch ist es wohl in den meisten Fällen so, dass Topping from the bottom eigentlich nicht gewollt ist. Denn im Normalfall will sich die Sub dem Dom hingeben, sich fallen lassen und die Kontrolle abgeben.
Du bist dominant und möchtest eine Session mit einer Sklavin oder einer Sub spielen – aber kein Gefühl von Topping from the Bottom aufkommen lassen? Das spätere Spiel kann schon bei der Kommunikation vorab und beim Kennenlernen gelenkt werden. Wenn du unsicher wirkst, beim Telefonat herum stammelst, die Vorschläge über Termin und Location von der „Sub“ kommen, dann wird es umso schwerer, später in der Session die Führung an dich zu reißen, ohne dass deine Sub in Lachen ausbricht.
Sei souverän, führe die Konversation, sowohl im Schriftverkehr als auch bei einem Telefonat zum Kennenlernen. Schlage DU die Termine und die Location vor.
Achtung: verwechsle Souveränität und Dominanz niemals mit Unfreundlichkeit oder frechem Benehmen. Sei freundlich, aber bestimmt. Zuvorkommend aber nicht unterwürfig. Natürlich musst du herausfinden, auf was die Sub steht und auf was nicht, musst ihre Tabus und NoGos kennen. Du kannst direkt danach fragen, könntest auch auch zum Beispiel einen Link zu einer Geschichte oder einem Porno schicken, in dem diverse Praktiken und Situationen vorkommen, die du selbst geil findest. Vielleicht sagst du deiner zukünftigen Sub, sie soll zu dem Film oder zur Story Stellung beziehen, soll dir sagen, was sie daran gut und nicht so gut findet. Checklisten sind vielleicht nicht sehr attraktiv, können aber auch funktionieren. Das bedeutet, du schickst deiner Sub eine Liste mit Dingen wie „Ohrfeigen“, „Anspucken“, „Würgen“, „Nippelfolter“ usw. und bittest sie, zu bewerten, wie gut sie was findet.
Wenn du selbst von deiner Sub eine Geschichte oder einen Link zu einem Film geschickt bekommst mit dem Hinweis, das sei genau ihr Ding, dann spiele die Story trotzdem nicht exakt nach, um Topping from the Bottom zu vermeiden. Finde heraus, was der Kern der Handlungen ist und kombiniere diese mit deinen eigenen Gelüsten. Lass deine Sub deine Geilheit und deine Freude spüren, sehen und fühlen – lass sie daran teilhaben. Dann wird sie sicher auch ihren Spaß haben – ohne Topping from the Bottom!
Was du zum Ausrichten einer Session, sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der Durchführung beachten solltest, erfährst du in meinem Artikel „Ausrichten einer BDSM-Session als Dom: Tipps zur Vorbereitung, Umsetzung und Nachbereitung“.
Unser Autor xOpenMind81x lebt seine Kinks seit 2004 aus und ist nicht nur zu Recherchezwecken für seine Artikel in der BDSM-Szene recht aktiv unterwegs.
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