WAP ist eine Abkürzung für „Wet-Ass Pussy“ und bedeutet übersetzt „verdammt feuchte Muschi“. Drei Minuten und sieben Sekunden dauert die Lobeshymne auf die gut geschmierte Pussy. Drei Minuten und sieben Sekunden, in denen über Kinks wie Deep Throat und Anilingus, über Sextoys und Handschellen gerappt wird. Drei Minuten und sieben Sekunden lang geht es für Cardi B und Megan Thee Stallion allein um weibliche Sexualfantasien und es ist einfach befreiend.
Die Reduzierung der Frau auf ihren Körper und ihre Sexualität wird in der Popkultur vor allem durch Männer ganz beiläufig von Lied zu Lied, von Film zu Film und von Buch zu Buch betrieben. Besonders krude Beispiele für Sexismus und Misogynie finden sich natürlich in der Rapmusik. Frauen tauchen hier nur in der Rolle von Bitches, Sluts und Hoes auf.
Top 3 sexistische Raplyrics
Wenn jedoch Künstlerinnen wie Madonna, Britney Spears oder Ariana Grande Sex thematisieren, entsteht eine erbitterte öffentliche Debatte darüber, wie angemessen bestimmte Liedtexte sind und es wird sich über die Outfits und den Auftritt der Künstlerinnen empört. Dann wird diskutiert, ob der Songtext zu obszön ist und ihre Kleidung zu freizügig. Es sind fast immer nur Männer, die diese Vorwürfe gegen weibliche Künstler vorbringen. Jedoch beschweren sich diese Männer nie über Songs wie „Bubble Butt“ von Brunos Mars oder wenn Iggy Pop darüber singt, dass er nur Frauen mit „Double Ds“ will. Diese Heuchelei und Doppelmoral ist unerträglich.
Das Video zu WAP nimmt den Zuschauer mit zu einer Reise ins sexuelle Wunderland der Cardi B. Wir betreten ein Traumschloss, aus dessen Portalen dem Besucher schon Ströme einer Flüssigkeit entgegen schießen. Es ist eine Fantasiewelt, deren Interieur an einen Fiebertraum von Lewis Carrol erinnert. Männer gibt es im ganzen Video nicht. Nicht einen einzigen Tänzer, nicht einmal einen Hinweis auf deren Notwendigkeit, bis auf eine einsame männliche Stimme, dessen „there some whores in this house“ den gesamten Background-Chorus bildet und den Beat des Songs vorgibt.
Von der ersten Zeile an, bekennt sich Cardi B dazu ein Freak zu sein, die ihre sexuellen Bedürfnisse frei auslebt und zudem bereit ist, Sex als Mittel zum Zweck einzusetzen.
I said, certified freak
Seven days a week …
Bring a bucket and a mop for this wet ass pussy
Give me everything you got for this wet ass pussy
Let's role play, I wear a disguise
I want you to park that big Mack truck
Right in this little garage
Make it cream, make me scream
I don't cook, I don't clean
But let me tell you how I got this ring
Doch in "WAP" rappen Megan und Cardi nicht nur einfach über Sex und Leidenschaft, sondern sie untergraben gezielt vorgefasste Vorstellungen, die weit verbreitet sind und das Rollenverständnis der alle nur Geschlechter im Mainstream bestimmen. Es geht ihnen um Passivität und um Dominanz. Das taucht in dem "Bottom Feeder"-Vers auf, in dem Megan die Idee umkehrt, dass ihr Partner sich nur zu seinem eigenen Vergnügen an ihr abarbeitet. Gegen Ende des Songs rappt Megan:
You can’t hurt my feelings, but I like pain.
If he fuck me and ask, “Whose is it?”
When I ride the dick, I’mma spell my name.
Du kannst meine Gefühle nicht verletzen, jedoch ich mag Schmerz.
Wenn er mich fickt und fragt: "Wem gehört sie?"
Wenn ich auf dem Schwanz reite, buchstabiere ich meinen Namen.
Das Bestehen auf dem sexuellen Egoismus, das Ausüben der Kontrolle, wer beim Sex wann Lust empfinden darf, sind Züge, die im Schlafzimmer üblicherweise dem Mann zugeschrieben werden. Der Mann ist aktiv und dominant und er verfügt über die entsprechenden athletischen und stoischen Fähigkeiten, seine eigene Lust nach Belieben hinauszuzögern. Mit diesen drei Textzeilen stellt Cardi B das klassische Rollenverständnis komplett auf den Kopf und lehnt damit die Eigenschaften wie Emotionalität, Verletzlichkeit und Passivität, die die Gesellschaft traditionell der Frau zuschreibt, für sich konsequent ab.
Put him on his knees, give him somethin’ to believe in
Never lost a fight, but I’m lookin’ for a beating
In the food chain, I’m the one that eat ya
If he ate my ass, he’s a bottom feeder
Lass ihn auf die Knie gehen, gib ihm was, woran er glauben kann
Ich habe noch nie einen Kampf verloren, aber ich lass mich gerne schlagen
Ich bin der Spitze der Nahrungskette,
aber wenn er meinen Arsch leckt, ist er ganz am Ende.
Mit "WAP" schufen Cardi und Megan eine sexuelle Machtfantasie für Frauen von Frauen aus der Sicht von Frauen. In dieser Fantasie geht es um eine verdammt feuchte Muschi, was nichts Außergewöhnliches, sondern eigentlich nicht mehr, als eine gute Voraussetzung für anständigen vaginalen Sex sein sollte.
Tomasz Bordemé ist Autor und Blogger, der über BDSM und Erotik schreibt. Außerdem versorgt er unsere kinky Community auf Fetisch.de mit News und Einsichten aus der Szene.
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