Stellungswechsel
… ich komme zum Hotel. Ich hatte gesagt, Du sollst mich viertel vor erwarten, jetzt ist es kurz vor zehn. Ich hasse Unpünktlichkeit aber hier passt sie zum Spiel.
Der Umschlag mit der Zimmerkarte lugt, wie verabredet, unter dem Türspalt hervor. Ich trete ein und werde von einem
Weiterlesen…warmen, gedämpften Licht empfangen. Schmaler kurzer Korridor, links mit Tür zum Bad, standardisiertes Hotellayout eben. Das Ambiente entspricht dem modernen Geschmack von im Akkord arbeitenden und auf Hotels spezialisierten Innenarchitekten: dunkles Rot mit Grau und naturfarbenen Holztönen. Der obligatorische Flatscreen, ein Obstkorb als Aufmerksamkeit von HRS. Grauer hochflooriger Teppich poliert meine Schuhe und signalisiert, dass es günstigere Hotelklassen gibt. Es ist still, keine Musik, kein Fernseher. Die Vorhänge sind zugezogen. Bilde ich mir das ein oder liegt da ein energetisches Knistern in der Luft? Es ist warm, ich trete in den Hauptraum ein. Auffallend flaches Bett, stylischer Schreibtisch, ein Sessel aus schwerem dunkelrotem Stoff. Darin nahezu regungslos Du.
Du sitz tief im Sessel hinten angelehnt und Deine Arme ruhen längs auf den Lehnen. Ich sehe grobmaschige Halterlose und fast schon verboten hohe, schwarze Pumps. Deine Augen sind verbunden und Du hältst den Kopf gerade, fast schon etwas provokant hoch. Außer den Strümpfen trägst Du nur noch ein Nichts aus schwarzer Spitze. Ich trete näher, betrachte Dich und ziehe langsam die Luft durch meine Nase ein, als wollte ich die Atmosphäre in mich aufsaugen. Du sitzt ruhig und regungslos, die Beine geschlossen aber nicht übergeschlagen. Ich meine um Deinen Mund den Anflug eines Lächelns zu erkennen, oder bilde ich mir das nur ein?
Wir sprechen nicht. Ich komme jetzt sehr dicht an Dich heran und nehme deinen Duft auf. Es ist ein schwerer, nur allzu bekannter Duft, den ich unschwer identifiziere und der Dir eine gewisse Zugehörigkeit zu mir bescheinigt. Mein Puls beschleunigt aber ich habe den Eindruck, Du bist gelassen, wirkst unbeteiligt. Ich dimme das Licht noch etwas weiter und lockere meine Krawatte. Ich kann meinen erhöhten Pulsschlag förmlich hören.
Ich hatte mich vorab ganz bewusst für einen Anzug entschieden. Schwarz, zu einem schwarzen Hemd und einer schwarzen sehr hochwertigen Krawatte. Ich fühle mich sicher und stark in diesem Outfit, ist es doch für mich weit mehr als ein „Arbeitsanzug“, es ist mein bevorzugter Kleidungsstil. Der Kontrast zu deiner Nacktheit könnte nicht größer sein und doch habe ich das Gefühl, dass wir uns nicht nur optisch wie Ying und Yang ergänzen.
Das Bild das sich mir bietet erinnert an den Stil von Helmut Newton: eine starke und selbstbewusste Frau trotz einer Pose, die genau das Gegenteil symbolisiert. Ich trete einen Schritt zurück und hole aus meiner Tasche die mitgebrachte Flasche. Ich dachte zunächst an Champagner, habe den Gedanken aber dann schnell wieder verworfen. Es wäre zu einfach und (nicht im monetären Sinne) zu billig. Dieser Moment ist kostbarer und verdient etwas Besonderes. Also eher einen Jahrgangssekt, der nach Champagnermethode hergestellt wurde und im direkten Vergleich um Klassen besser schmeckt.
Ich streife nun meine schwere Uhr ab und lege sie bedächtig auf die Kommode. Zeit ist bei dem was wir vorhaben eine nebensächliche Dimension.
Etwas stört mich an diesem Bild. Genau. Ich trete vor Dich und ziehe Dich sanft an mich heran, so dass Du auf der äußersten Kante des Sessels sitzt. Du stützt Dich nun mit den Handflächen auf die Enden der Armlehnen, wodurch Dein Körper eine etwas nach vorn geneigte, straffe Haltung einnimmt. Ich berühre deine Knie sanft und öffne Deine Beine etwas. Den Kopf etwas höher. Ja, das ist es. Aus Helmut Newto wurde David LaChapelle! Du strahlst nun noch mehr Würde aus als vorher und wirkst trotz Deiner Nacktheit und der verbundenen Augen selbstsicher und provokant. Mein Puls schlägt nach wie vor mit hoher Frequenz und ich meine Deinen Herzschlag zu hören.
Ich öffne die Flasche mit einem leisen „plopp“ und schenke vorsichtig ein Glas ein. Der erste Schluck schmeckt fabelhaft und die Temperatur ist immer noch in Ordnung. Ich nehme einen weiteren Schluck und möchte Dich nun an diesem Genuss teilhaben lassen. Unsere Lippen berühren sich fast unmerklich sanft. Du öffnest Deine Lippen vorsichtig und zögernd. Was magst Du jetzt erwarten? Ich lasse Dich einen Schwall des edlen Getränkes schmecken und, ob dieser Überrumpelung zuckst Du leicht zurück, genießt dieses Geschenk aber dann doch sichtlich.
Ich genieße meine Dominanz und Dein Dienen, Deine Unterwürfigkeit. Ich möchte dieses Spiel unendlich weiter spielen und beschließe, Dich mit meiner Männlichkeit bekannt zu machen. Das verheißungsvolle Geräusch eines Reißverschlusses lässt Dich aufhorchen. Sanft berühren meine Finger deinen Mund und öffnen ihn vorsichtig. Du kannst meinen Duft jetzt riechen, ich bin direkt vor Dir. Dann lasse ich ein Rinnsal des guten Sekts über meinen Stolz in Deinen Mund fließen. Du trinkst begierig und Dein ganzer Körper verlangt nach mehr.
Ich gehe nun in die Knie und unsere Lippen formieren sich zu einem endlos scheinenden Kuss während meine Hände auf Wanderschaft durch Dein warmes, feuchtes Delta gehen.
Wir haben bislang kein Wort gesprochen und geben uns nun unserer Lust hin, versinken in einem Strudel, werden Eins. Deine Finger leiten mich und meine Zunge findet Ihren Weg ins Ziel; ich nehme Deinen Geschmack gierig in mich auf und lasse mich fallen. Der Boden ist unser erster Spielplatz und wir wälzen uns im Wechsel der Gefühle. Ich dirigiere Dich, zunächst hart und weitgehend frei von jeglicher Schonung, später dann kosend und sanft. Du beherrschst Deinen Part perfekt und mein Körper reagiert ohne dass ich auch nur daran denken kann ihn wirklich zu kontrollieren. Ich kann der Explosion nicht standhalten. Dein abschätziger Blick trifft mich, oder sehe ich dort Enttäuschung? Meine Glieder sind schwer wie Blei und ich fühle mich ausgepumpt und schwach, schlafen…
Du übernimmst das Ruder und mich trifft ein Schwall des mittlerweile doch recht warmen Sektes genau dort, wo die Lebensgeister kurzfristig entschwunden sind. Ich schlage die Augen auf und erkenne zu spät, dass Du hinter mir bist. Dann wird es dunkel und ich rieche Deinen Duft, in dem Schal, der Dir vor kurzem noch den Blick raubte. Nun dirigierst Du mich aufs Bett und ich überlege einen Moment, wie unvorteilhaft es aussehen muss, auf allen Vieren auf einem Hotelbett zu kauern. Ich kann das Geräusch nicht recht zuordnen, beschließe dann aber für mich, dass Du wohl in einer Tasche kramst. Ich soll mich nicht regen. Schön Deine erotische und sanfte Stimme zu hören. Nein, ich rege mich nicht, bin viel zu schlapp. Ich spüre ganz sachte Berührungen, ein Streichen, ein Kosen. Sachte Küsse vom Nacken abwärts, immer mehr. Ein warmer Hauch geht über meine Körper, ein wohliges warmes Gefühl erfasst mich. Dann ziehst Du Dich zurück, lässt mich warten, in meinem Begehren leise leiden. Was tust Du nur?
In die unerträgliche Ruhe und die Ungewissheit bricht ein scharfes Zischen gefolgt von einem kurzen Brennen auf meinen beiden Polen. Dann erneut und wieder lässt Du Dein Instrument auf mich prasseln und ein Beben geht durch meinen Körper. Jetzt nimmst Du meine Hände hart nach hinten, drückst meinen Nacken nach unten, meinen Kopf in das Kissen. Ich bekomme noch Luft und lasse geschehen. Ich spüre wie Du Manschetten um meine Handgelenke legst, sie festzurrst und offenbar miteinander verbindest. Meine Hände sind jetzt fixiert und lassen mich hilflos zurück. Ich kauere auf meinen Knien mit hochgerecktem Po und ahne was Du vorhast… Von hinten umfasst Du das eben noch leblose Etwas im Süden meines Körpers und ich bemerke, wie meine Lebensgeister zurückkommen. Dann spüre ich, welche Geheimwaffe Du in Deiner Tasche verborgen hattest und jetzt unglaublich geschickt zum Einsatz bringst. Und mir wird warm, sehr warm. Rhythmische Bewegungen und Deine sanfte Hand an den richtigen Stellen wirken Wunder. Lass mich umdrehen, oder nein, mach weiter, ich bin gleich soweit… Doch umdrehen! Bitte.. ! Lass uns gemeinsam zur nächsten Welle reiten. …
Ist es etwa die Morgensonne, die da frech durch einen kleinen Spalt im Vorhang lugt?! Hoffentlich nicht, ich bettele darum, dass es der Mond ist, der uns signalisiert, dass wir noch viel Zeit heute Nacht haben… Zeit für mich, das Kommando wieder zu übernehmen… ()