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Fortsetzung des Romans Jugendsünden von Manuel Magiera


Sklave184

Empfohlener Beitrag

Geschrieben

Manuel Magiera

Fortsetzung des Romans "Jugendsünden"

 

Connys Ponyherde wird größer

Hubertus stand mühevoll und umständlich auf. „Hast du ‘n Spiegel? Wenn da was auf meinem Arsch zu sehen ist, gehe ich nirgendwo hin“, jammerte er. Wir nickten. „Sieht nicht gut aus“, meinte Rene und bemühte sich, Mitgefühl zu zeigen. „Aber du kannst dir ein paar bunte Badeshorts drüberziehen, dann fällt es nicht so auf.“ Dem konnte ich nur zustimmen. Es war ein so herrliches Wetter. Da durften wir nicht zuhause bleiben. „Gibt es irgendwo eine Seebadeanstalt oder ein Freibad an der Elbe?“, fragte ich deshalb. Ja, gab es. Conny rief Melanie an und auch Kerrin hatte Zeit. Eine Stunde später trafen wir uns im Naturbad am Stadtparksee. Hubertus versuchte immer wieder auf sein Hinterteil zu schauen, als wir uns in Badekleidung in der Sonne aalten. Melanie schüttelte genervt den Kopf und zog ihm die Hose ein Stück runter. Es waren tatsächlich noch ein paar rote Striche zu sehen. „Was ist denn das? Wer hat dich denn so fürchterlich zugerichtet?“ Ich überlegte nicht lange. „Seine Domina. Er war das erste Mal bei ihr und hatte den Mund etwas zu voll genommen. Zur Strafe hat sie ihn sehr streng erzogen.“ „Ach, du Armer.“ Kerrin legte ihren Arm um ihn und gab ihm einen Kuss.“ Rene schaute pikiert. „Was gibt das jetzt hier? Jeder mit jedem, oder verstehe ich das miss?“ Seine Freundin lachte und drückte sich an ihn. „Ich wünsche dir alles Gute, mit deinem Schwanz, mein Schatz. Wenn ich auch endlich operiert bin, darfst du ihn bei mir ausprobieren.“ „An oder In?“ Der Nachmittag konnte nicht besser verlaufen. Wir badeten, lagen in der Sonne, tranken und aßen, spielten auf der riesigen Wasserrutsche. Um halb sieben Uhr mussten wir bedauernd den Heimweg in Angriff nehmen. Was für schöne Stunden, mitten im Herzen der Großstadt, lagen hinter uns! Am Abend gab ich dann meine vorerst letzte Tanzvorstellung. Die Leute tobten, wollten Zugaben und Hendrik applaudierte wie besessen. Wie versprochen kümmerte ich mich um ihn. Es war ebenfalls meine letzte Amtshandlung als Strichjunge mit Dildo. Auch, wenn ich mich professionell bemühte, legte sich doch Neugierde auf alles, was da künftig auf mich zukommen sollte, wie ein Deckmantel über unsere Beziehung, so dass ich das mehrmalige Abschweifen meiner Gedanken nicht verhindern konnte. Hendrik merkte anscheinend nichts davon. Das war mir auch recht. Er bezahlte gut und verließ uns rundum zufrieden um drei Uhr. Conny schenkte mir und Rene unseren Verdienst, als Abschiedspräsent, wie er betonte. Als Kurt am frühen Morgen die Bar abschloss, stießen wir alle noch einmal auf unsere OP an. Rene legte den Arm um mich, während wir zur S-Bahn gingen. In Norderstedt verabschiedete er sich von seiner Mutter. Sie hatte keinen Urlaub bekommen und konnte ihn nicht begleiten. Stattdessen wollte meine Mum mit uns nach Berlin fahren und dort für uns beide sorgen. Hubertus bedankte sich noch fürs Übernachten, dann saßen wir alle drei wieder in der S-Bahn Richtung Flughafen. „Hat dir dein Ausflug ins Milieu gefallen, Hubi?“, fragte ich leise, als das Flugzeug abhob. Er nickte. „Es war superaffengeil. Und ich wünsche dir und Rene alles Glück der Erde.“ Die nächsten Tage gingen schnell vorüber.

Am 07. Juli fuhren wir mit meiner Mutter im ICE nach Berlin. Hubertus war nach Hause zurückgekehrt, um sich auf seinen USA Aufenthalt vorzubereiten. Er wollte mit mir telefonieren. Mutter hielt dafür sämtliche Fäden in der Hand. Sie würde allen Bescheid geben und vor allem auch Renes Eltern sofort über unseren Gesundheitszustand informieren. Rene und ich bezogen ein gemeinsames geräumiges Zimmer, in das wir nach dem Aufenthalt auf der Intensivstation auch wieder zurück gebracht werden sollten. Am nächsten Tag wollte Doktor Dupret, der uns operieren würde, noch einige Voruntersuchungen durchführen lassen. Meine Mutter verließ uns nach einem kurzen Gespräch mit ihm frühzeitig, um in ihr Hotel zu fahren. Sie wirkte aufgeregt. So kannte ich sie gar nicht. Aber, es ging ihr sehr nahe, das merkte man deutlich. Rene und ich erlebten es nicht besser. Wir freuten uns auf unsere Schwänze und gleichzeitig spürten wir doch so etwas wie Angst vor dem Unbekannten. Die OP sollte ja auch gut ablaufen. Conny rief an. Er erzählte, die Ärzte sähen es als Beleidigung an, wenn ein Patient noch auf dem OP Tisch verstarb. Wir konnten also hoffen, auf jeden Fall wieder aufzuwachen. Wie beruhigend und zartfühlend! Rene hatte sein Handy auf laut gestellt. „Du tust besser dran uns Glück zu wünschen und für uns zu beten, sonst verlierst du deine Ponys. Wir sind die Leithengste deiner Miniherde!“, gab ich ihm zu bedenken. „Daran dachte ich auch gerade, danke für den Tipp. Also, viel Glück, auch von meinem Vater und Moana.“ „Und von Babs“, rief eine Stimme im Hintergrund. Wir legten auf. Bei mir war eine Sekunde später Hubertus dran. Beatrix, meine Oma und meine Tanten und Onkels riefen ebenfalls nacheinander an. Andy meldete sich. Die ganze Bande saß im Bootshaus. Wir konnten sie grölen hören. Sie wetteten auf uns, wer wohl den Längsten bekam. Rene musste ihnen eine Enttäuschung bereiten. Es waren exakt zehn Zentimeter. Die Unterarmmanschette, aus der der Hautlappen gewonnen wurde, besaß eine festgelegte Länge. Vielleicht konnte man ihn später noch etwas ziehen, kam mir in den Sinn. „Also, dann kann ich euch eigentlich schon eintragen“, meinte Jacob lässig. „Beide zehn Zentimeter, Max und Rene. Sorry, Leute, aber damit liegt ihr ziemlich weit hinten“, erklärte er. „Das ist mir so wurscht, wie nur was. Hauptsache, ich habe erst mal einen. Die Länge ist mir völlig egal“, ereiferte ich mich. Und stutzte. Wenn ich es richtig bedachte, eigentlich doch nicht. „Also, zehn Zentimeter reichen auf jeden Fall, um ihn aus der Hose nehmen zu können“, setzte ich nach. Jenny, zeigte mein Display an. Ich verabschiedete mich von den Jungs. Rene schüttelte den Kopf und hielt sich die Ohren zu. Unser Liebesgesäusel war wohl kaum auszuhalten. Die Parallelschaltung zwischen ihm und Kerrin, die neben Melanie saß, entschädigte ihn ein paar Minuten später. „Wisst ihr beide denn überhaupt, wieso ihr transsexuell seid?“, fragte Melanie, die am folgenden Tag nach Essen zur OP fahren sollte. Wir verneinten. „Also, das hat natürlich Ursachen und die sind relativ einfach erzählt. Ihr wisst, dass der Storch nicht die Kinder bringt, aber trotzdem sehr wichtig ist. Er teilt nämlich jedem Neugeborenen das Geschlecht zu. Dafür erhält er jeden Morgen von Petrus eine Liste, auf der die Namen stehen und ein Körbchen, in dem sich die Geschlechtsteile befinden. Brüstchen für die Mädchen und auf der anderen Seite liegen die Schwänzchen für die Jungen.“ Rene lachte auf. „Nicht lachen, zuhören, das ist sehr ernst, auch für den armen Storch“, erzählte Melanie weiter. „Weil die Kinder ja mit der Mutter in der Regel noch in der Klinik sind, ist der Storch mit dem glücklichen Vater allein zu Haus. Männer unter sich, natürlich gibt es einen aus der Buddel. Der Storch streicht den Namen von seiner Liste und lässt das entsprechende Geschlechtsteil im Kinderbettchen zurück. Er fliegt weiter. Den ganzen Tag. Und überall kriegt er einen Schnaps. Er verträgt zwar eine Menge, denn er ist in der Zwischenzeit nach zwanzig Dienstjahren schon, wie man sich denken kann, zum Alkoholiker geworden. Am späten Abend ist aber auch er so voll wie eine Haubitze. Die letzten Kinder kann der besoffene Storch nur noch im Tiefflug und torkelnd besuchen. Meistens rempelt er dabei auch gegen sämtliche Bäume und Laternenmasten. Manchmal passiert es nun, dass die beiden am Schluss noch übrig gebliebenen Babys verschiedenen Geschlechts sind. Der Storch schleppt sich taumelnd zum Kinderbett, greift in seinen Korb und… erwischt das falsche Teil. Beim Mädchen liegt also das Schwänzchen und beim Jungen das Brüstchen. Den restlichen Schnaps kippt er noch und irgendwie landet er irgendwann am späten Abend nicht nur zu Hause in seinem Horst, sondern, weil er schwul ist und sein Freund und Arbeitskollege zudem auch Horst heißt, auf diesem. Blitzbesoffen sind sie natürlich beide. Am anderen Morgen geht die Sache von vorne los. Weil alles korrekt auf dem Zettel ausgestrichen ist, merkt Petrus natürlich erst mal nichts. Ihn widert nur die fürchterliche Fahne an, mit der der Storch jeden Tag zum Dienst kommt. Aber, der tut seine Pflicht und obwohl Petrus schon öfter mit dem lieben Gott über das Problem gesprochen hat, mögen sie ihm nicht kündigen. Irgendwann, wenn Petrus auf die Erde zu den heranwachsenden Kindern schaut, sieht er die Bescherung. Um den Fehler des Storches zu kaschieren, hat er sich vom lieben Gott die Erlaubnis geholt, medizinisch eingreifen zu dürfen. Ja, und deshalb sind wir eben Transkids geworden. Unser Doc wird sofort von Petrus mit uns beliefert, wenn der unter den vielen Kindern auf der Welt eines von unserer Art entdeckt. Und nun schlaft gut, ihr zwei. Wir denken an euch. Gute Nacht.“ Nein, wie süß, die Geschichte sollte man sich patentieren lassen und aufschreiben. Rene und ich sahen uns gerührt an. Mir kamen fast die Tränen. Unsere Nachtschwester erschien und fragte, ob wir eine Tablette brauchten. Wir lehnten dankend ab. Nein, ich wollte wie Rene auch, mit klarem Kopf, meinem Schwanz entgegen schlafen.

Am nächsten Tag wurde es noch mal hektisch. Wir erhielten so viele Medikamente, auch zur Beruhigung, um diverse Untersuchungen über uns ergehen lassen zu können, dass wir nicht mehr alles mitkriegten, was um uns herum geschah. Am Abend telefonierten wir noch mit Doktor Reimers und auch Frau Michelsen rief mich an, wünschte uns alles Gute. Die Narkoseärztin erschien und Doktor Dupret kam als letzter, lachte und erzählte einen Witz nach dem anderen. Ich schlief tief und traumlos in dieser für mich doch so wichtigen Nacht. Um sieben Uhr morgens wurde ich, in mein OP Hemdchen gekleidet, mitsamt Bett abgeholt. Aus den Augenwinkeln warf ich Rene noch einen letzten Blick zu. Der lächelte müde. An die Fahrt in den Operationssaal erinnerte ich mich in der Folge nur noch schemenhaft. Die Narkoseärztin gab mir eine Spritze. Und dann wurde mir schwarz vor Augen. Nur noch Leere und Stille. Ich erwachte einmal kurz, hörte Stimmen, die von weit her klangen, piepende Töne, schlief weiter. Dunkelheit empfing mich, als ich meine Augen erneut aufschlug. Mein Unterkörper tat entsetzlich weh. Ich stöhnte. Eine Schwester kam. Strich mir über die Wange. „Alles gut“, sagte sie. „Haben Sie Schmerzen?“ Ich nickte müde und kraftlos mit dem Kopf. Sie ging. Ein Arzt sprach mit mir. Ich antwortete irgendetwas. Und sah, wie er eine Spritze in die Kanüle an meiner Hand führte. Plötzlich schien die Sonne. Meine Nasenspitze fühlte Wärme auf der Haut. Überall leuchtete es hell. Ich blinzelte ins Licht. Schmerzen hatte ich keine. Aber die nervigen Töne waren wieder da und etliche Kabel verschwanden unter meiner Bettdecke. Am Bett saß meine Mutter, in einen grünen Kittel gekleidet. Sie las in einem Buch. „Mum, hallo“, ich konnte kaum sprechen. Sie schaute sofort auf. „Maxi, endlich. Ach, mein Liebling. Ich hatte mir solche Sorgen gemacht. Obwohl mir der Arzt und alle Schwestern erklärten, das alles in Ordnung sei. Die Operation ist gut verlaufen. Du musst dich jetzt schonen und abwarten. Vor allem darfst du nicht aufstehen.“ Ich nickte, drückte ihre Hand und erkannte den Buchtitel. Es war eines der vielen Bücher, die in meinem Zimmer standen und handelte von den Erlebnissen eines Frau zu Mann Transsexuellen. Mutter hielt meine Finger fest umschlossen. „Ich darf hier nicht telefonieren. Wir warten, bis der Doktor kommt, ja? Dann hören wir, was er sagt und ich gehe kurz nach unten und rufe Papa an.“ Meinetwegen gerne. Rene, fiel mir ein. Langsam versuchte ich mich auf der Intensivstation umzudrehen. Ich konnte ihn nirgends entdecken. „Wo ist Rene?“, fragte ich leise. „Er liegt wohl noch im Aufwachraum. Heute ist der 10. Juli, mein Schatz. Er wurde heute Morgen operiert. Deshalb kommt auch jetzt kein Arzt. Die sind alle noch unten. Aber wir fragen nachher. Es ist sicher alles gut. Seine Mutter darf hier in der Klinik anrufen. Das ist halt am ersten Tag alles etwas schwierig. Mach dir keine Sorgen und hab Vertrauen. Rene ist heute genauso ein Junge geworden wie du.“ Hach, war das beruhigend. Meine Mutter fand doch immer die richtigen Worte. Ich schlummerte müde wieder ein. Dann hörte ich Stimmen, blickte in die fröhlichen Augen von Doktor Dupret, der gerade wieder einen seiner Witze losgelassen hatte, denn alle Leute, die um mein Bett herumstanden, lachten. „Aha, da ist ja unser neuer männlicher Erdenbürger. Morgen früh kommst du in dein Zimmer und am späten Nachmittag werden wir mal den kleinen Jungen auspacken. Bist du schon gespannt?“ „Ja, sieht er schön aus?“ „Junge, wenn die Männer sehen würden, was für herrliche Schwänze ich baue, würde sich jeder sofort von mir operieren lassen wollen!“ Wieder lachten alle. Ich hatte es also geschafft. „Wie geht es Rene?“, fragte ich. „Oh, der schläft noch. Aber er wird mit Sicherheit genauso zufrieden sein, wie du. Übermorgen seid ihr wieder vereint. Ich denke, wir entlassen euch beide zusammen. Ein Tag mehr hier bei uns, kann dir sicher nichts schaden. Ihr braucht jetzt nur etwas Geduld. So, Max, lass dich von den Schwestern verwöhnen. Und deine müde Mutti schicken wir ins Bett.“ Er wandte sich zu meiner Mutter. „Sie sehen gestresst aus, gehen Sie schlafen. Das ist ein ärztlicher Befehl! Hier läuft jetzt alles seinen normalen Gang.“ Er berührte sie freundlich am Arm. „Ja, danke, Herr Doktor, das tue ich. Max, du hast gehört. Du bist hier in guten Händen.“ Ein paar Minuten später war ich allein. Verkehrslärm drang durch das halb geöffnete Fenster zu mir herauf. Du bist jetzt ein richtiger Junge, flüsterte mir eine leise Stimme zu. Endlich! Ich war eins. Mein Körper und meine Seele verschmolzen in diesem Augenblick zu einer Einheit. Da war nun auch bei mir zusammengekommen, was zusammen gehörte. Zwei Teile einer riesigen Metallplatte schoben sich über meinem Kopf ineinander. Das Ergebnis war ein neuer Mensch, ein ganzer, ein heiler Mensch. Die viele Kraft und mein harter Kampf hatten sich gelohnt. Das Gefühl man selber zu sein ist genauso einzigartig, wie jeder Mensch einzigartig ist. Meine Hände falteten sich von allein. Ich dachte an meine Kindertage und dankte dem Herrn, für diese Minuten höchster Glückseligkeit, die ich eins mit dem Universum und vereint mit ihm in seinem göttlichen Kraftfeld erlebte. Er und ich, darauf kam es an. Nur wie wir beide miteinander umgingen und einander vertrauten, konnte bestehen. Die Kirche gab allenfalls Richtungen vor, mehr nicht. Den Weg des eigenen Glaubens musste ein jeder selbst gehen und wer am Ende das fand, was ich heute finden durfte, der hatte sein Ziel erreicht. Ich dachte an Melanies Geschichte vom Klapperstorch und empfand sie gar nicht so falsch. Da war irgendwann irgendwo an irgendeiner Stelle ein Fehler passiert. Und dieser Fehler konnte inzwischen dank moderner Medizin korrigiert werden. Niemand hatte Schuld daran. In der Natur gab es massenhaft Unfälle. Aber das wichtigste war, Gott liebte uns alle. Diejenigen, die heil und gesund auf die Welt gekommen waren genauso, wie uns, bei denen sich ein Fehler eingeschlichen hatte. Gut zu wissen, dachte ich und spürte die Geborgenheit und Nähe eines großen Ganzen, dessen Teil ich immer sein würde. Schlaf- und Wachphasen wechselten sich ab. Meine Kabel wurden kontrolliert und entfernt. Dann kamen zwei Krankenschwestern, lösten mich von den Geräten und brachten mich auf mein Zimmer. Dort schlossen sie mich wieder an. Herz und Puls, Blutdruck, alles wurde überwacht. Wo steht die Temperatur? Mein Kopf, registrierte die faszinierende Technik mit halbwachem Geist. Am Bett hing ein Urinbeutel, der ständig gewechselt wurde. Mich interessierte doch nun sehr, wo er endete. Ein Blick unter die Bettdecke löste allerdings Ernüchterung aus. Ich war untenrum vollständig eingepackt. Nun denn, da musste sich meine Neugierde wohl noch etwas gedulden. Meine Mutter klopfte an die Tür und streckte ihren Kopf herein. „Guten Morgen, junger Mann. Ich soll dich von deinem Vater grüßen. Hubertus hat auch schon angerufen. Er sitzt auf gepackten Koffern. Beatrix meldet sich demnächst selbst bei dir.“ Ich lachte innerlich. Herrlich. Da war sicher wieder ein freches versautes Gedicht fällig.

„Heute Nachmittag darf ich das Ergebnis sehen“, erzählte ich und freute mich. „Irgendwo in dem Rucksack dort, liegt mein Handy. Ich muss nachher ganz viel telefonieren.“ Schön, wenn eine Mutter gleich jeden Wink mit dem Zaunpfahl verstand. Sie gab mir lächelnd den ganzen Rucksack. „Hier, brauchst du noch etwas? Ich hole mir sonst kurz einen Kaffee. Wann du wieder essen darfst, weiß ich nicht. Aber da läuft noch Nahrung in deinen Arm. Der Tropf enthält alles, was du benötigst.“ Ich blickte auf meine rechte Seite. Ja, klar. Mein Magen musste für die OP kalt gestellt werden. Deshalb. Hunger und Durst hatte ich nämlich nicht. „Geh ruhig, ich schlummere noch etwas, damit ich heute Nachmittag fit bin“, lachte ich und schaute auf meine Handynachrichten. Glückwünsche und Genesungswünsche von allen möglichen Leuten, konnte ich erkennen. Ein heftiges Summen riss mich plötzlich aus dem Schlaf. Ich nahm ab. „Hallo, Cousin, können wir Schniedel messen?“ Hubertus klang genauso aufgekratzt wie ich. „Ich hab ihn noch nicht gesehen. Es ist alles zugepackt. Erst am späten Nachmittag gibt es die Geschenke!“ „Und sonst, hast du Schmerzen?“ „Nein, aber da läuft eine Menge an Medizin in mich hinein. Wann fliegst du?“ „In vier Tagen. Ruf mich an, wenn du ein Bild von ihm machen kannst, ja?“ Gute Idee, hätte ich auch selbst drauf kommen können. Ich werde ihn fotografieren, auf meinen Laptop laden und per Mailanhang an alle Kumpels schicken. „Mache ich, du kriegst ein schönes Foto.“ Irgendwie war ich wieder müde. Wahrscheinlich lag das an all dem Zeug, was da durch meinen Arm floss. Mutter kam wieder. „Die Schwester kommt gleich und bringt dir eine leichte Suppe. Du sollst selbst essen und trinken. Der Tropf bleibt nur noch für Medikamente“, sagte sie. „Hubi hat eben angerufen. Er freut sich bestimmt schon auf Amerika.“ Mum nickte. „Ja, er kann es kaum erwarten. Es ist auch ein großes Abenteuer, wobei, dort wird viel von ihm verlangt. Aber sein Englisch ist perfekt und er wird sein Studium sicher gut abschließen. Die Wildensteins sind alle recht klug. Dein Vater hatte auch sehr gute Examen und Onkel Ludwig ebenfalls. Beatrix macht sich Gedanken um das Internat. Sie wollte es ja selbst, aber jetzt, wo es in Reichweite liegt, quält sie das Heimweh.“ Mein Handy summte. Wenn man vom Teufel spricht… Beatrix ruft an, ich zeigte Mutter das Display mit ihrem Bild. Mum lachte, und verschwand. Sie ahnte wohl, dass das folgende Gespräch nicht mehr ganz stubenrein werden würde. „Hallo Cousinchen, ich weile wieder unter den Lebenden.“ „Männer sind Schweine, den Song kennst du genau, denn du warst bis gestern eine Frau. Nun bist auch du ein Schwein und lässt mich armes Mädchen ganz allein. Dich und Hubertus soll der Teufel holen, ich werde euch als Domina eure Ärsche versohlen!“ Daraufhin konnte ich nur noch lachen. Mein Kopfkino ratterte und schoss bereits die ersten Fotos von dieser Session. „Deine Tante hat geahnt, dass du Schweinkram von dir geben würdest und eben fluchtartig das Zimmer verlassen, meine Süße. Aber ich habe um dich keine Sorge. Du wirst das Mädcheninternat mit Sicherheit gewaltig aufmischen. Ich möchte wirklich bei euch mal Mäuschen spielen.“ „Ja, das Dichten scheint bei uns in der Familie zu liegen. Hast du ihn schon gesehen?“ „Nein, am späten Nachmittag kommt der Doc. Ich bin total verkabelt und eingepackt. Du, die Schwester will etwas. Ich mach Schluss, wir telefonieren wieder und ich schick dir ein Bild von ihm.“ „Geil, das speichere ich dann auf YouTube, dann können ihn alle sehen und Renes laden wir auch hoch.“ Sie legte auf. Oh je, wenn sie das tat, und es sah ihr ähnlich, da würde wohl kein Auge trocken bleiben. Beatrix war für uns nicht mehr auszurechnen. Die Pubertät hatte die Kleine voll im Griff. Ich löffelte brav meine Suppe. Die Schwester nahm den Tropf ab. Wieder etwas mehr Bewegungsfreiheit, freute ich mich. Mum kam zurück und hatte eine zweite Tasse Kaffee in der Hand. „Na, hat sie dir eine Ferkelei erzählt? Ich muss mal mit Alexa reden. Das Mädchen dreht völlig durch. Es wird Zeit, das sie im Internat Manieren lernt.“ Ich verschluckte mich fast, bei dem Gedanken. Das war genauso gut, wie meine Mutter damals von meinem Vater verlangte, dass er auf mich aufpassen sollte. Wir Wildensteins machten generell, was wir wollten. Nun war Beatrix zwar nur Cousine mütterlicherseits, aber sie hatte genug von Hubi und mir gelernt und auch ihr Papa, Maurice, zählte nicht zu den Kindern von Traurigkeit. Das wusste ich inzwischen aus unseren Männergesprächen. Maurice klärte mich schonungslos über das Leben auf. Aber mein Vater lachte jedes Mal. Ich wusste nicht, ob er etwas ahnte, manchmal machte er komische Andeutungen, dass er nicht ganz unwissend geblieben war, was mein heimliches Hamburger Leben anging. Kurt hatte ihm sicher nichts gesagt, dennoch, die beiden verkehrten geschäftlich und privat miteinander. Das eine oder andere könnte in Kurts Laufhaus bei den Huren schon durchgesickert sein. Ich überlegte kurz. Vielleicht sollte ich ihm mal vorsichtig auf den Zahn fühlen. Dann musste er mir aber auch alles über seinen Freund Hartmut erzählen. Die beiden hatten im Bootshaus bestimmt keine Däumchen gedreht, da war ich mir ziemlich sicher. „Woran denkst du?“ Ich erschrak. „Nichts, Mum. Nur so.“ „Hm, dein Vater erzählt mir auch nicht mehr alles, hab ich den Eindruck.“

Ich wechselte schnell das Thema, fragte sie nach dem Buch, das sie las. „Es ist hoch interessant, die Frau hat sich erst als erwachsene Lehrerin operieren lassen können und was die alles erlebt hat, mit ihrem Freund, das ist schon gewaltig.“ Wir unterhielten uns noch eine Weile, bis ich wieder einschlief. Um halb fünf Uhr wurde ich durch Geräusche geweckt. „Also, jedes Mal, wenn ich da bin, schläft er. Manchmal denke ich, der junge Mann ist mit Absicht so unhöflich. Einen schönen guten Abend, Herr Graf, und herzliche Grüße von dem anderen jungen Herrn. Der kommt morgen her.“ Doktor Dupret lachte mich breit an. Meine Bettdecke wurde zur Seite geschoben. Mum ging taktvoll raus. Der Assistenzarzt wickelte alle Verbände ab. Mein Doc stellte einen kleinen Spiegel ans Fußende. Langsam wurde das restliche Verbandmaterial entfernt. Ich blickte gebannt in den Spiegel und an mir hinunter. Gleich würden wir uns das erste Mal im Leben begegnen: Er und ich. Ob er genauso aufgeregt war? Jetzt, er lag nackt und frei. Hui, der ist aber winzig, dachte ich spontan, als wir einander erstaunt ansahen. Aber dann siegte das beglückende Gefühl unserer zarten jungen Zweisamkeit. Er gehörte zu mir und wir hatten nun massenhaft Zeit uns kennen zu lernen. „Einheitsgröße, aber so dick bleibt er nicht, das kommt nur durch die Operation. Was sagen Sie? In einem halben Jahr bauen wir ihm die Erektionshilfe ein und die Hoden an.“ Doktor Dupret schien mit seiner Arbeit zufrieden zu sein. Ich nahm meine Hand und streichelte einmal über mein neues Körperteil. Gefühl hatte ich noch keines darin. „Er ist sehr schön, Herr Doktor. Vielen Dank. Sie glauben gar nicht, was so wenig Fleisch ausmacht.“ Er lachte laut auf, genau wie der Assistenzarzt. Die Krankenschwester schüttelte mitleidig den Kopf. „Männer“, meinte sie. „Als wenn es gar nichts Wichtigeres im Leben gäbe!“ „Liebe Schwester Tanja, das ist das nun mal das Wichtigste im Leben eines Mannes! Für Frauen ist das schwer zu verstehen, ich weiß.“ Der Doc wandte sich wieder an mich. „In ein paar Monaten hast du auch Gefühl darin. Nur, einen richtigen Orgasmus kannst du ausschließlich über die Klitoris erleben, aber das weißt du ja sicher. Deshalb lassen wir die immer stehen. In Sauna und Schwimmbad fällst du allerdings nicht auf“, meinte er. Als der Assistenzarzt meinen linken Arm abwickelte, schrie ich. Himmel, wie furchtbar! Da war nur noch rohes Fleisch zu erkennen. Sie bemühten sich beide, mich zu beruhigen. „Das wächst alles wieder zu. Du musst den Arm nur hoch halten.“ Ich drehte mich weg und schaute verzückt lieber in den Spiegel zu meinem kleinen Schwanz. Ich dachte daran, dass Rene morgen aufs Zimmer kommen würde und einen Tag später auch seinen zu sehen bekam. Mein Arm wurde dick eingecremt und bandagiert und auch mein kleines Schwänzchen verschwand wieder unter einer dicken Schicht roter Salbe und weißem Verbandmaterial. Ich hatte ihn also anschauen dürfen. Wenn der Doc weg war, könnte ich ein paar Telefonate führen. Ach, das Foto! Nein, das ging jetzt nicht. Das musste ich nachholen, wenn der Verband weg war und ich selbst Hand an ihn legen durfte. Vielleicht noch ein oder zwei Tage, dachte ich. So lange gehörte er noch mir allein und durfte sich vor der Öffentlichkeit verstecken. Die Visite endete. Meine Mutter kam herein und blickte mich fragend an. „Zufrieden?“ Ich nickte, „ja sehr. Komisch, wenn ich bedenke, wie ich um ihn hab kämpfen müssen. Und jetzt hängt er da an mir herum, als wenn nie etwas anderes gewesen wäre.“ „Kindskopf, ach Maximilian, ich bin jetzt auch beruhigt. Die letzten Jahre haben doch an unseren Nerven gezehrt, mehr als wir uns eingestehen wollten. Nun bist du endlich heil. Im nächsten Jahr kommt der Rest dran und das Leben kann endlich geradlinig weiterlaufen. Vater wartet auf die Rückmeldung des Amtsgerichts. Wenn du personenstandsrechtlich ein Mann bist, bekommst du nicht nur eine neue Geburtsurkunde und endlich deinen Ausweis, Vater kann dich im Adelsregister melden und dich notariell als Erben einsetzen. Da haben wir dem Hausgesetz ein schönes Schnippchen geschlagen. Aber auf die Idee, dass mal eine Prinzessin transsexuell sein würde und als Sohn und Erbe des Titels wieder aufersteht, konnte von unseren Vorfahren natürlich keiner kommen. Ich hoffe, es klappt alles. Vater hat Herrn Bachhuber alle Vollmachten für die rechtlichen Schritte gegeben.“

Klar, unser Rechtsanwalt war in alles eingeweiht. Da konnte gar nichts schief gehen. Meine Gutachten lagen beide bereits beim Gericht und die Klinik hatte die OP gleich am selben Tag dem Richter gefaxt. Der Beschluss musste geschrieben werden und wurde dann noch vom Innenminister, als Vertreter öffentlichen Interesses, genehmigt. Alles nur Formsache, wie Doktor Reimers erzählte. Ich nahm mein Handy zur Hand. Es war kurz vor sechs Uhr, als ich in der Praxis anrief. Die Sprechstundenhilfe war dran und jauchzte auf, als sie meine Stimme hörte. „Ich stelle durch, Max“, rief sie. Herr Reimers meldete sich. „Ja, hier ist Max, Ziehpapa. Ich habe gerade mein kleines Jungenattribut gesehen. Er ist wirklich etwas klein, aber ich glaube, wir werden uns trotzdem sehr lieb haben“, flachste ich. „Herzlichen Glückwunsch, wie geht es dir? Hast du noch Schmerzen?“ „Nein, aber ich erhalte ziemlich viele Medikamente und bin dauernd müde. Rene ist noch auf der Intensiv. Er kommt morgen ins Zimmer. Es ist alles vollbracht, Doc. Ich bin sehr glücklich.“ „Max, ich schau gerade auf meinen Kalender. Wir sehen uns am 30. August, hab ich hier stehen. Erhole dich jetzt gut, es dauert alles seine Zeit. Grüß Rene. Ich bin sehr froh, dass es euch gut geht.“ Wir verabschiedeten uns. Ich telefonierte mit Andy und danach mit Conny. Mum gab mir Oma und Tante Alexa. Maurice rief an und auch Onkel Ludwig wollte wissen, wie sich das Statussymbol eines Mannes anfühlte. Ich schwebte auf rosa roten Wolken. Nachdem Mum gegangen war, rief ich Jenny an. Sie wollte alles ganz genau wissen. Ich erzählte ihr, dass ich ihn sobald es möglich war, fotografieren würde. „Super, dann kann ich mich schon auf unser erstes richtiges Mal einstellen“, meinte sie. „Na, ja, so schnell geht das nicht. Die Pumpe kommt erst nächstes Frühjahr rein“, musste ich sie enttäuschen. „Macht nichts. Besser als gar nicht. Das Leben liegt noch vor uns und fängt gerade erst an. Melanie ist bereits in Essen im Krankenhaus. Sie wird morgen operiert. Ich will sie gleich noch anrufen.“ „Gut, dass du das sagst. Ich schick ihr auch Grüße.“ Vater ruft an, zeigte mein Display. „Mein Dad, Jenny, ich melde mich morgen wieder. Dann hab ich auch Rene bei mir.“ „Hallo Dad, hier ist die totale Telefonitis ausgebrochen. Wie geht es dir?“ Vater atmete durch. „Gut, mein Sohn. Mum hat mich schon angerufen, aber ich wollte dich natürlich auch selbst als meinen Nachfolger und Kronprinzen begrüßen. Hast du ihn schon gesehen?“ „Ja, vorhin. Er ist etwas klein geraten, aber wunderhübsch. Ich werde ihn fotografieren.“ „Das brauchst du nicht. Nun mach aber halblang. Und die Kleinen werden irgendwann die Größten sein, das kennst du sicher. Hauptsache, du bist zufrieden. Nun sollst du nur noch lernen, mit ihm zur Toilette zu gehen.“ „Nicht nur das, Dad. Im Frühjahr will ich Jenny beglücken. Ich bin echt gespannt, wie das funktionieren wird.“ Vater lachte. „Das kriegst du schon hin. Mit deinen außergewöhnlichen Erfahrungen sollte Jenny kein Problem mehr sein. Ich wollte dich nur gesprochen haben. Die Gerichtssachen laufen und wenn alles da ist, schicken wir deine neue Geburtsurkunde ans Adelsregister. So etwas hatten die sicher auch noch nicht. Aber es ist alles legal und einwandfrei. Mach’s gut, mein Sohn. Wir hören wieder voneinander. Grüß Rene und Mum. Sie will wohl übermorgen nach Hause kommen. Du sollst noch zwei Wochen im Krankenhaus bleiben.“ Huch, das waren viele Neuigkeiten. Nun gut, Mum konnte nicht ewig ihre Zeit bei mir verbringen. Ich hatte mich zwar an ihre Hilfe gewöhnt, wurde dadurch aber auch ziemlich faul. Sie konnte gerne abreisen. Rene blieb bei mir und wir würden schon alles bekommen, was wir brauchten. Aber, was sagte Vater da? Oh, je. Das klang beunruhigend. Der wusste wohl tatsächlich mehr Bescheid, als gut für mich war. Merkwürdig, er äußerte sich sonst nicht. Ich hätte eigentlich ein Donnerwetter erwartet. Aber er hielt sich noch zurück. Meine Hamburger Eskapaden konnten, wenn er denn schon von ihnen erfahren hatte, auf keinen Fall von ihm unkommentiert bleiben. Da stand mir vielleicht noch eine Standpauke zu Hause bevor. Ändern würde ich daran nichts mehr können. Der Abend klang ruhig aus. Am frühen Vormittag kam wieder richtig Leben in die Bude. Die Tür wurde aufgeschoben und einen Moment später stand Renes Bett an meiner Seite. Er wurde gleich erneut verkabelt und an seinen Tropf gehängt. Unsere Begrüßung konnte nicht herzlicher ausfallen. „Wie sieht er aus?“, fragte er als erstes. „Recht klein, aber fein und mein“, antwortete ich wahrheitsgemäß. „Ja, das sagte der Doc schon. Bei dir haben sie ihn absichtlich etwas kleiner gemacht, damit du mit deinem guten Zeugnis und deinem Grafentitel nicht übermütig wirst. Es liegt auch an den Bayern, schlechthin. Die haben alle nur einen ziemlich Kurzen!“ Ich plusterte. Oh, Rene, wenn ich jetzt könnte, wie ich wollte und wie du es verdient hättest! „Irgendwann bin ich wieder fit und dann treffen wir uns in freier Wildbahn, du mein bester Freund aller Freunde. Im Übrigen steigt der HSV in der nächsten Saison ab und wir werden Meister.“ Ha, damit hatte ich Renes wunden Punkt getroffen. „Auf keinen Fall, wir werden euch das Leben sehr schwer machen. Aber es stimmt wirklich. Das ist kein Scherz. Wir Hanseaten haben Deutschlandweit die Längsten. Das kommt durch unsere Seefahrervergangenheit. Hamburg ist ja das Tor zur Welt und unsere Arme, äh, Schwänze, mussten weit reichen, eben bis in die weite Welt hinein.“ Oh Gott, wo war ich nur gelandet! Die Schwester beeilte sich, aus unserem Zimmer zu kommen. Danach sah es jedenfalls aus. Sie hing Rene noch schnell einen neuen Tropf an den Arm und verschwand panikartig. Ich erzählte ihm von meinen vielen Telefonaten. Sein Handy lag in seinem Rucksack. Der war allerdings im Schrank. Er musste es einschalten und aufladen. Aber im Augenblick kam keiner von uns dran. Wir mussten eine Woche strikt im Bett bleiben. Meine Mutter würde sicher nachher kommen und konnte uns alles bringen, dachte ich. „Mum ist bestimmt bald da. Dann brauchen wir die Schwestern nicht scheuchen. Sie wollte nur etwas Shoppen gehen.“ „Oh, das kenne ich auch von meiner Mutter. Die brauchst du heute nicht mehr erwarten. Berlin hat zu viele Geschäfte!“ „Du kannst mein Handy nehmen und Kerrin anrufen“, bot ich ihm an. „Danke, dann wird der HSV also doch im nächsten Jahr Meister, oder wie darf ich das verstehen?“ „Nein, mein Lieber, wir haben nur Waffenstillstand. Der Krieg fängt gerade erst an. Ich werde deinen nachmessen. Wehe, da ist mehr dran, als bei mir. Wobei, meiner ist natürlich der Schönste.“ Wir neckten uns weiter. Es war herrlich, wieder seinen Freund bei sich zu haben.

Ich dachte an Conny. Andy und die anderen wollten demnächst aus dem Bootshaus anrufen. Rene telefonierte mit Kerrin. Ich drehte mich um und schlummerte ein. Plötzlich stand Conny im Zimmer und forderte mich auf, meine Unterhose auszuziehen. Er wollte meinen Schwanz sehen und ich konnte ihn nicht mehr finden. Conny fuchtelte mit der Peitsche herum. Ich suchte mein bestes Stück und erinnerte mich an meinen letzten Freier. Ken wollte meinen Schwanz zur Verlängerung mitnehmen. In Amerika gab es Fabriken, wo man so etwas konnte. Ich versuchte verzweifelt ihn auf dem Handy zu erreichen, aber Rene hatte meines. Auf einmal kam Andy ins Zimmer und hielt eine riesige Schlange in der Hand. Ich sah genauer hin. Es war mein Schwanz und er maß über einen Meter. Andy gab ihn mir stolz und ich hatte kaum noch Platz dafür in meiner Unterhose. Ich schlug die Augen auf. Es war nur ein Traum gewesen. Der Assistenzarzt legte mich gerade frei und säuberte meinen Kleinen. Rene hielt immer noch mein Handy in der Hand, sprach mit Kerrin und drückte aber nebenbei laufend auf die Fotofunktion. Er betrachtete mich mit großem Interesse. „Doc, meiner ist doch sicher größer, oder?“, fragte er Herrn Melcher. Der grinste. „Ich glaube eher nicht. Unser Chef muss wohl demnächst zum Augenarzt. Er schneidet neuerdings sehr wenig vom Unterarm ab. Die Hautlappen werden bei jeder OP kleiner. Also, ich würde mir da morgen keine großen Hoffnungen machen“, erklärte er ernst. „Wegsehen?“, fragte er, als er sich an meinem Arm zu schaffen machte. Ich nickte, drehte mich zu Rene um und streckte ihm die Zunge aus. Rene schrie auf und sah mich mitleidig und geschockt an. Er ahnte, dass sein Arm nicht besser ausschauen würde. „Frieden?“, fragte er. Ich hielt ihm den gesunden Arm hin, an dem noch die Kanülen steckten. Wir drückten einander. Der Arzt lächelte. „Der Tropf kommt gleich weg. Aber die Nadel soll noch drin bleiben, falls wir ein Schmerzmittel spritzen müssen. Vielleicht kann das alles morgen auch schon raus. Das entscheidet aber der Boss.“ Die Tür ging auf. Doktor Dupret kam mit einer Schwadron junger Schwestern und Ärzte herein. „Aha, da sind die frischgebackenen Knaben. Nun, den da wollen wir nicht noch einmal auspacken. Aber dann ziehen wir Nummer zwei vor. Herr Färber aus Hamburg, wollen Sie Ihrem neuen Körperteil Guten Tag sagen? Bitte, Herr Kollege. Zeigen Sie mal, was Sie bei mir gelernt haben.“ Herr Melcher schob seinen kleinen Verbandswagen um mein Bett herum zu Rene. Ich ließ mir das Handy von ihm geben und stellte die Fotofunktion ein. Gleich würden wir wissen, ob Hamburg oder Bayern Sieger wurde. Gespannt blickte Rene an sich herunter und in den Spiegel, den ihm Herr Dupret hingestellt hatte. Seine Miene erhellte sich. Aber die Länge blieb die gleiche wie bei mir. Da gab es keinen Unterschied, Renes war genauso klein, wie meiner, oder genauso groß, je nachdem, wie man es betrachtete. „Danke, Doc. Der gefällt mir. Der gehört zu mir. Das passt alles sehr gut“, freute sich Rene. Ihm fiel sichtlich ein Stein vom Herzen. Ich knipste munter drauf los. „Dann werden wir mal etwas Werbung für Sie machen, Doc“, lachte ich. „Vielleicht kommen ja tatsächlich auch einige Biomänner auf die Idee, sich verlängern zu lassen.“ Die Unterschiede bei unseren Zuschauern konnten nach meinen lustigen Worten nicht deutlicher sein. Die Frauen verzogen ausschließlich säuerliche Minen und die Männer nickten zustimmend. Renes Arm wurde abgewickelt. Er riskierte einen kurzen Blick und drehte sich sofort zur Seite. Das konnte auch er sich nicht ansehen. Der Doktor beruhigte ihn, genau wie mich. Es wächst alles wieder zusammen. Nach einer knappen Viertelstunde war der Ärztespuk vorüber. Meine Mutter kam herein und lüftete erst einmal unser Zimmer. Dann begrüßte sie Rene, brachte ihm seinen Rucksack und legte ihm seine Sachen in den Nachtschrank, damit er an alles selbst herankam. „Ich fahre morgen Nachmittag wieder nach Hause“, erklärte sie. „Vater braucht meine Hilfe und ich habe auch Landfrauensitzung. Wenn ihr in vierzehn Tagen entlassen werdet, kommt einer von uns her und begleitet euch. Rene bleibt noch mindestens eine Woche bei uns und wird von Doktor Steiner mitbetreut. Ihr benötigt auch eure Spritzen. Ich denke, der Doc hier, wird sie euch vor der Heimfahrt geben. So, ihr zwei, habt ihr noch etwas Wichtiges für mich zu erledigen? Sonst will ich wieder in die Stadt. Ich habe nicht alles einkaufen können, was ich wollte.“ „Arme Berliner, die müssen sich fühlen, wie damals nach dem Krieg bei der Blockade. Wahrscheinlich hast du bereits alle Läden leer gekauft!“ Ich wollte nicht frech sein, aber witzeln musste ich doch. Meine Mutter reagierte wie erwartet. „Du ungezogener Bengel. Du hast dich gar nicht verändert, bist noch genauso schlimm wie damals, als du Robert so zugesetzt hast, mit deinem schrecklichen Weihnachtsgedicht!“ „Ach Mum, du weißt doch, das war nur die Spitze des Eisberges. Die schlimmsten Streiche kennst du gar nicht.“ Rene ereiferte sich. „Nein, Mum. Und erst in Hamburg. Dein Max ist ein ganz böser Finger. In was der mich alles reingezogen hat! Das willst du bestimmt nicht wissen!“ Ich warf Rene einen warnenden Blick zu. „Oh, ich denke, dass sich deine Eltern auch sehr für deine besonderen Ausflüge interessieren würden.“ „Ich hab nichts gesagt. Fahren Sie ruhig nach Hause, Adelheid. Max und ich kommen gut selbst klar und die Schwestern sind ja auch noch da. Vielleicht können wir sogar mit einem Taxi zum Bahnhof fahren und allein den ICE nach München nehmen. Wir müssen doch nur einmal umsteigen.“ Ich dachte nach. „Wir müssen das Gepäck irgendwie transportieren, doch da kann uns auch der Taxifahrer gegen ein kleines Trinkgeld helfen und im Zug fragen wir den Schaffner. Aber es ist ja noch nicht so weit. Auf jeden Fall kannst du morgen zurück fahren, Mum.“ Sie ging zu jedem von uns, küsste ihn auf die Stirn und schmuste auch mit Rene zärtlich. „Dann will ich hier auch kurz Mutterstelle vertreten. Ob ich nun einen Sohn oder zwei zu betreuen habe, ist egal. Ihr seid beides Lausbuben.“ Sie wuschelt Rene liebevoll übers Haar. Als sie draußen war, holten wir unsere Handys. Der Telefonmarathon begann. Ich speicherte erst mal unsere Penisbilder auf den Laptop und schrieb massenhaft E-Mails. Hubertus rief als erster an. „Jungs, hier meldet sich euer Stricherkumpel. Das sieht gut aus. Könnte etwas länger sein, aber es bleibt im Normbereich. Nicht jeder kann natürlich einen so langen haben, wie ich.“ „Danke, für die Blumen. Du weißt auch, wie schnell man in Amerika in den Knast kommen kann. Da lieben die anderen Häftlinge so lange Schwänze. Du wirst sehr befingert werden.“ Hubi kicherte. „Ich freu mich, dass es euch gut geht und ich bin ganz aufgeregt auf die Reise. Übermorgen geht es los. Zwei ganze Jahre weg von zu Hause. Ihr werdet mir fehlen und das Bootshaus.“ „Du wirst uns auch sehr fehlen, Hubertus. Aber wir mailen einander und simsen. Gottseidank gibt es heute viele Kommunikationsmittel. Unsere kleine Beatrix jammert auch schon übers Internat. Sie ist ein richtiges kleines Ferkel und hat uns beiden angedroht, uns als Domina zu vermöbeln“, erzählte ich. „Das lassen wir sie auch einmal machen, wenn ich wieder da bin. Das wird eine Gaudi. Wir schießen ein Foto von ihr, in Ledercorsage, Stiefeln und mit Peitsche in der Hand. Wenn sie uns dann zu frech wird, zeigen wir es ihr. Man könnte ja aus Versehen, eine YouTube Taste drücken, erklären wir der Dame dazu.“ „Also, ich dachte, du willst Richter werden. Herr von Wildenstein, ich muss mich doch sehr wundern“, ließ sich Rene vorwurfsvoll vernehmen. „Du kennst Beatrix nicht, sie ist anders nicht zu stoppen. Die Kleine hat zu viel Power!“, lachte Hubertus. Auf Renes Handy summte es. Conny war dran. Wir begannen mit Konferenzschaltung. Als erstes bekam er ein Foto von seinen Ponys. Er staunte und gratulierte uns. „Wann arbeiten meine Pferdchen wieder?“, fragte er streng. „Das wird vorerst nichts. Im nächsten Monat, am 30.08., sind wir beim Doc zum Termin. Aber das ist wohl noch zu früh, für Freier. Vielleicht nehmen wir Andy mit. Dann kannst du wenigstens einen vermarkten. Und dein neuestes Pony fliegt übermorgen für zwei Jahre nach Amerika“, erzählte ich ihm. Er wünschte Hubertus sofort viel Glück. Natürlich wäre er entlastet. Was die anderen Pferdchen anging, da war das letzte Wort allerdings noch nicht gesprochen. Andy bekam auf jeden Fall eine Aufforderung von seinem Herrn und Rittmeister. „So, ich habe ihm gerade auf dem anderen Handy gesimst. Mal sehen, wie die Antwort ausfällt.“ Einen Augenblick später kam sie. „Geht klar. Wo bleiben die Schwanzbilder? Die kommen ausgedruckt ins Bootshaus.“ Conny arbeitete an seinem Handy und auch ich schickte mein Material nach Hause. Hubertus meldete sich ab. Er musste noch zur Uni. Andy konnte bei mir anrufen. „Eh, gratuliere euch beiden, auch von Jacob und Mario. Die sitzen gerade bei mir. Jungs meldet euch mal. Hallo!!!“ Au, das Gegröle war laut und mehr als deutlich. „Aber die sind ziemlich kurz, meinen die zwei hier auch. Ist das alles oder wachsen die noch?“ „Andy, da kommt im nächsten Jahr eine Pumpe rein und unten hängen dann zwei dicke große Eier dran. Die werden mindestens zehn Zentimeter länger. Ich schätze alles in Allem auf fünfundzwanzig Zentimeter im Endstadium.“ Rene kam mir zuvor. Aber irgendwie mussten wir uns ja wehren. Ich pflichtete Rene bei. „Ja, Andy, wir werden nachher wieder messen. Also, du kannst dir schon mal vorsorglich ein paar Gewichte dranhängen, wenn du mithalten willst“, rief ich frech ins Mikro. Sein Seufzen war deutlich zu hören. „Der Trainer hat gefragt, wann du wieder Fußballspielen willst, Max“, meldete sich Jakob. Ich musste passen. „Das wird solange ich in München studiere sicher gar nichts. Im September fahren wir. Andy geht ja mit und ich fürchte, die Wildensteiner Mannschaft wird in den nächsten Jahren ohne uns auskommen müssen. Nach dem Studium steigen wir irgendwo bei den alten Herren wieder ein und spielen bis an unser Lebensende für den Verein. Ich werde auch wieder reiten und das Kampfsporttraining fehlt mir natürlich auch. Also, versucht in der Zwischenzeit ein paar Nachwuchsspieler zu finden. Da sind einige Talente in den unteren Klassen, die uns würdig vertreten können“, forderte ich meinen Freund auf. Andy und ich hinterließen im Fußballverein eine gewaltige Lücke. Normalerweise würden wir jetzt altersmäßig natürlich bei den Erwachsenen spielen und unsere erste Bezirksligamannschaft verstärken. Aber das konnten wir von München aus nicht schaffen und ohne gemeinsames Training ging gar nichts. Wir hätten dazu regelmäßig mit unseren Leuten trainieren müssen, um das Zusammenspiel und die Pässe zu üben. Schade, aber leider nicht zu ändern. Ich war mit meinem Muskelaufbau dank der Hormonbehandlung hervorragend in die Mannschaft integriert und konnte mich gut im Zweikampf durchsetzen. Mein Trainer freute sich zwar zum bestandenen Abitur für mich, bedauerte es aber im Gegenzug, seinen besten Stürmer zu verlieren. Es ging eben nicht alles auf einmal. Andy verabschiedete sich aus der Schaltung und auch Conny musste an die Arbeit.

Er grüßte noch ganz herzlich von Kurt und den Mädchen. Den Rest des Nachmittags beantworteten Rene und ich unsere Fanpost. Auf meinem Laptop kamen ständig Nachrichten ein. Dann meldete sich Mäuschen. Sie hatte unsere Schwanzbilder erhalten und tatsächlich, aber unter falschem Namen, auf YouTube gepostet. Ich zeigte Rene die Bescherung. Er starrte auf die Seite. „Soll ich sie jetzt gleich umbringen lassen, oder später?“, fragte er mich, sichtlich geschockt. „Gottseidank hat sie die Namen geändert und die Gesichter sind nicht zu erkennen. Nur Bayern und Wildenstein stimmt. Und ich bin der einzige Graf dort. Das werden die Jungs alle gleich feststellen. Oh Gott, was für Reaktionen wird das geben?“ Rene zeigte auf die Likekurve. „Du, da sind bereits 300 Klicks und 100 Smileys. Boar, wenn das so weitergeht, werden wir noch berühmt.“ Sein Handy meldete sich. Eine SMS! Kerrin schrieb: Schaut mal auf YouTube. Rene simste zurück. Weiß ich. Die Klicks werden immer mehr. Das war Beatrix, die kleine Hexe. Die Antwort kam prompt: Wieso Hexe? Sie schreibt die Wahrheit. Die sind doch wirklich sehr klein! Rene schluchzte laut auf. Ich rief Kerrin sofort an. „Süße, hier ist Max. Die Größe ist nicht entscheidend, wobei da natürlich noch Eier dran kommen und die Pumpe eingebaut wird. Am Schluss hast du mindestens dreißig Zentimeter pure Freude, glaub mir. So tief kann dir deine Ärztin gar keine Vagina zaubern. Was macht Melli?“ Nein. Himmel, die müssen wir gleich anrufen. „Rene, ich hab‘ Melli vergessen. Oh, die ist mir doch glatt in der Aufregung durchgerutscht. Die bringt mich um!“ „Bleib ruhig, Max. Sie ist heute Morgen unterm Messer gewesen. Vor morgen Nachmittag brauchst du dich nicht bei ihr melden. Ich sag euch am besten Bescheid, denn ich hab einen guten Draht zu ihrer Mutter. Sie ist bei ihr und hat mich vorhin angerufen. Es ist alles gut gelaufen. Sie liegt intensiv. Sag Rene, ich bin nächsten Monat dran. Meine Zusage kam gestern. Ich hoffe, du hast Recht. Dreißig sind nicht zu verachten. Das bespreche ich mal mit der Ärztin. Gut, ihr zwei, ich muss Schluss machen. Bleibt ordentlich. Ich ruf Rene morgen an, dann könnt ihr euch bei Melli melden.“ „Hach, das hast du gut gesagt. Es geht doch nichts über Freunde. Wir sollten zufrieden sein und uns nicht verarschen lassen. Die haben doch alle keine Ahnung und Hubertus liegt weit hinter Martin, auf der ewigen Bestenliste.“ Rene sah mich dankbar an. Ich klopfte mir derweil selbst auf die Schulter und wurde irgendwie wieder müde. Er lehnte sich auch in die Kissen zurück. Am nächsten Morgen verabschiedete sich meine Mutter. Gegen Mittag rief Kerrin an. Sie hatte ihren Rene wieder ganz doll lieb. Melanie war noch nicht auf ihrem Zimmer. Wir mussten uns wohl noch einen Tag länger gedulden. Sie wollte ihr Bescheid sagen, dass es uns gut ging und wir sie bald anrufen würden. Unser unfreiwilliger YouTube Beitrag war inzwischen in astronomische Höhen gestiegen. Einige freche Bemerkungen hinsichtlich der Länge ignorierten wir einfach. Die meisten Leute schrieben auch darauf zurück, meinten, auf die Länge käme es nicht an, sondern auf die Qualitäten des Trägers. Sogar einige Mädchen waren auf unserer Seite. Herr Melcher kam unerwartet zur Kaffeezeit. „Jungs, da sind zwei Herren aus der Berliner Selbsthilfegruppe draußen. Die kennen euch noch nicht, wissen aber, wann unser Chef Leute von eurer Art operiert. Die stehen wohl noch am Anfang und fragen, ob sie euch besuchen dürfen.“ Rene und ich sahen uns kurz an. „Klar, immer rein. Wir nehmen Bier und Gummibärchen!“ Er lachte und öffnete die Tür. „Habt ihr Bier und Gummiteddys dabei?“ Zwei Jungs steckten die Nasen zu uns herein. „Ne, aber Schokolade haben wir mit. Hei, wir sind Julius und Mats. Der Doc hat uns gesagt, dass er wieder operiert hat. Er darf aber keine Namen nennen, wegen Arztgeheimnis und so. Deshalb müssen wir selbst anklopfen und fragen, ob wir euch sprechen dürfen. Mats will nächstes Jahr seinen Schwanz haben, wenn die Krankenkasse mitspielt und ich hab’s grad durch. Mein Termin liegt schon im Oktober.“ Schöne Abwechslung, vom Laptop und YouTube Kanal. „Immer rein in die gute Stube“, sagte ich, oder Rene?“ Der grinste. „Nichts dagegen, mal was anderes. Ich wusste gar nicht, dass es hier Selbsthilfegruppen gibt. Aber das liegt daran, dass wir zu den Kids gehören.“ Die beiden holten sich Stühle und schauten sich interessiert um. „Wir sind noch untenrum eingepackt, deshalb können wir euch unsere Schwänze nur zeigen, wenn Herr Melcher kommt und uns trocken legt. Aber meine kleine freche versaute Cousine hat uns bereits auf YouTube veröffentlicht. Inzwischen haben wir 12000 Klicks und es werden immer mehr“, erklärte ich und zeigte den beiden meinen Laptop. „Geil, das ist ja wahnsinnig. Aber die sehen super aus. Auch richtig in der Größe, nicht zu kurz und nicht zu lang. Seit wann seid ihr wieder im Zimmer?“, fragte Julius. „Du bleibst am OP Tag und noch einen weiteren Tag auf Intensiv. Wenn du die Narkose bekommen hast, wachst du zwischendrin immer mal auf, weißt aber später von nichts. Ich hatte einmal kurz Schmerzen, dann kam ein Arzt und spritzte mir etwas. Ihr werdet total verkabelt. Hier ist auch der Urinbeutel.“ Ich zeigte auf das Gestell an meinem Bett. „Schmerzen haben wir keine, allerdings müssen wir auch eine ganze Menge Tabletten mehrmals am Tag schlucken. Da werden reichlich Schmerzmittel dazwischen sein. Ich fühle mich auch etwas high. So bin ich sonst nicht. Die haben uns also mit Sicherheit unter Drogen gesetzt.“ Ich sah die beiden neugierig an. Sie waren älter als wir. Beiden fehlte allerdings noch der Bartwuchs. Julius sprach schon recht männlich. Die Stimme hörte sich gefestigt an. Er ahnte wohl meine Gedanken. „Ihr seid noch sehr jung, um die Achtzehn?“ Rene nickte. „Ihr nicht. Das sehe ich. Wir haben noch keinen richtigen Kontakt zu Erwachsenen gehabt. Doktor Reimers in Hamburg behandelt lediglich Kinder und Jugendliche. Ich war zwölf Jahre alt, als ich zu ihm kam. Rene vierzehn Jahre. Wir hatten dann im letzten Jahr ein Transkidstreffen, wo wir uns mit elf Leuten, zwei Jungs und neun Mädels, kennen lernten. Der Doc meinte, wenn wir selbst erwachsen wären, könnten wir auch die Selbsthilfegruppe in Hamburg besuchen. Das wäre sicher interessant für uns“, erzählte ich. „Ich bin schon fünfundzwanzig und Mats hier, sechsundzwanzig Jahre alt. Ihr habt es besser, weil ihr bereits als Kinder in der gewünschten Rolle auftreten durftet. Bei uns dauerte das Drama länger. Auch müssen bei uns jetzt die Brüste weggenommen werden. Wir haben dadurch also eine Operation mehr zu bewältigen, als ihr. Es ist schön, dass es die Frühbehandlung inzwischen gibt.“ Mats nickte. „Ich hab genau wie Julius viel zu spät damit angefangen, Hilfe zu suchen. Aber meine Eltern hörten mir auch nie zu. Nun bin ich endlich in Therapie und schreibe gerade die Anträge für die Gerichtsgutachten. In der Gruppe erfährt man alles, was man dazu wissen muss.“ „Also, das sieht recht gut aus, mit euch. Da kann ich doch hoffen. Es gibt noch mehr Ärzte in Deutschland, die die OP machen, aber das sind zu viele Einzelschritte. Wenn irgendetwas schief läuft, blockiert dadurch alles andere. Ich denke, für mich ist es besser, Augen zu und durch. Dann kommt noch einmal die Pumpe rein und der Hoden, und das war es. Der medizinische Dienst hat mir die Zusage gestern geschickt. Ich hab heute Morgen meinen Termin bei der Sekretärin vom Doc endgültig festgelegt. Bei der Gelegenheit erfuhr ich, dass er gerade zwei OP’s hinter sich hatte“, erzählte Julius und sah sehr optimistisch dabei aus. „Wir mussten auch lange warten. Bei Kindern wird nur die Pubertät unterdrückt. Die Testosteronbehandlung und die OP dürfen erst ab Achtzehn sein. Wobei, die Hormone haben wir schon mit Siebzehn bekommen. Du hörst dich nach dem Stimmbruch gut an“, sagte ich zu ihm. „Ja, ich bin auch ganz stolz. Dann wollen wir euch nicht länger ärgern, oder, Mats?“ Der lachte. „Ne, ist alles okay, ich wollte auch nur jemand sehen, der gerade alles hinter sich hat. Können wir sonst die Telefonnummern austauschen?“ Klar konnten wir. Sie gingen wieder. „Ich bin müde“, meinte Rene.

Die nächsten Tage wurden uns nicht langweilig. Mellis OP war gut verlaufen. Sie freute sich sehr und hatte auch Herrn Reimers schon angerufen. Ich versprach Beatrix, sie eigenhändig übers Knie zu legen, wenn auch nur irgendeiner zu Hause eine abfällige Bemerkung über mein bestes Stück machte. Rene verfolgte die Klicks mit großem Interesse. Wir hatten Conny und die anderen bereits informiert. Aber alles lag im grünen Bereich. Nach und nach wurden unsere Geräte entfernt, bis der Urinkatheder übrig blieb. Wir hatten zwischendurch noch einmal Besuch von der Selbsthilfegruppe Berlin bekommen. Die beiden Jungs waren bereits erwachsen und schon lange durch. Sie erzählten uns, dass wir am Anfang das Pinkeln erst lernen müssten. Die Tipps hörten sich nützlich an. Wir sprachen lange mit ihnen. Jeder Mensch reagierte verschieden auf die transsexuelle Problematik und musste seinen eigenen Weg mit dem Umgang damit finden. Sie fragten uns nach unserer Krankenkasse. Ich erzählte von meinem Vater und unserem Anwalt. Transsexuelle erleben sich ja eigentlich nicht als krank und doch muss man für die Kostenübernahme eine Art Krankheit draus machen. Krankenkassen, das erklärt bereits der Name, zahlen die Kosten, um eine Krankheit zu heilen. Zu sagen, ich bin transsexuell und gesund, brauch aber Geld für eine Operation, bei der meinem gesunden Körper gesunde Organe entnommen werden, passt da natürlich nicht. Ich empfand mich als Kind als Missgeburt. Ich war anders als die anderen Kinder. Von der Warte aus, muss man den Zustand als regelwidrig ansehen. Und je länger jemand gezwungen war, im falschen Geschlecht leben zu müssen, umso mehr psychische Schäden stellten sich ein. Sie sahen das genauso und verabschiedeten sich mit den besten Wünschen für uns. Mein Problem bis jetzt war allerdings die lange Bettruhe. Ich stellte mir vor, wie ich wohl drauf sein würde, wenn ich aufstehen durfte. Meine Muskulatur hatte sich viel zu schnell zurückgebildet. Am Ende der Bettwoche kam der große Augenblick. Herr Melcher zog mir mit einem Ruck den Katheder aus der Blase. Ich sollte trinken und bemühte mich redlich, zwei Flaschen Selters leer zu bekommen. Irgendwann musste ich und klingelte. Wir durften auf keinen Fall allein aufstehen, hatte er gesagt. Rene blickte mich erwartungsvoll an. „Viel Glück“, meinte er und hatte da wohl auch an sich selbst gedacht. Herr Melcher erschien und führte mich vorsichtig zur Toilette. Mein Kreislauf meldete sich. Mir wurde schwindelig. Ich setzte mich deshalb sicherheitshalber aufs Klo. Der Anfang war fies. Es stach und pikste in der Blase. Erst kamen nur ein paar Tropfen. Ich blieb eine halbe Stunde sitzen, bis der Strahl endlich ins Becken lief. Uff, das war geschafft. Aber ich sah Rene bedauernd an, als Herr Melcher mich wieder ins Bett brachte. Er hing mir eine Urinflasche ans Bett. Die Schwester würde nun jeden Tag mit mir auf dem Flur herumgehen. Morgen wäre auch Rene fürs Klo dran, erklärte er. In zwei Tagen könnte ich dann allein zur Toilette spazieren. Ich lachte Rene fröhlich zu. Nun stand ihm nur noch diese kleine Prüfung bevor, aber wenn es einigermaßen so funktionierte, wie bei mir, brauchte er sich keine Gedanken zu machen. Fehlanzeige. Das Desaster geschah am späten Vormittag. Renes Katheder wurde herausgezogen. Das tat auch nicht weh. Herr Melcher war sehr geübt darin. Rene saß danach aufm Klo. Und er saß und saß. Völlig verzweifelt rief er nach Herrn Melcher. Der drehte ihm den Wasserhahn auf, aber nichts half. Am Schluss musste er unverrichteter Dinge wieder ins Bett gehen. Unser Assistenzarzt verschwand und kam nach fünf Minuten mit einem Stapel Wäsche wieder zurück. Ehe Rene protestieren konnte, lag er in eine dicke Pampers eingepackt. „Einfach vergessen, nicht dran denken. Irgendwann wird der Druck zu groß und es läuft von allein“, sagte Herr Melcher. Rene schluckte. „Er braucht noch seinen Schnuller“, blödelte ich und im nächsten Moment flog mir unsere neue Sportzeitschrift um die Ohren. Gut, auf die hatte ich schon gewartet. Ich grinste gemein. Baby Rene in Windeln, hi hi. „Wehe du erzählst auch nur ein Sterbenswörtchen“, drohte er mir. „Daran dachte ich gar nicht. Eher, an ein schönes Video auf YouTube. Was meinst du, was Kerrin dazu sagt?“, flachste ich ihn an. Es war nicht witzig und Rene tat mir leid. Er trank weiter brav seine Selters. Ich spielte an meinem Schwanz, er blickte neidvoll drauf und drehte sich auf den Bauch. Ich hörte ihn stöhnen. Er kletterte aus dem Bett, hielt sich am Bettpfosten fest und machte in die Windel. „Geschafft“, meinte er gleich darauf triumphierend. „Macht Spaß, ist ein irres Gefühl. Solltest du mal ausprobieren.“ Der Sarkasmus und etwas Häme waren nicht zu überhören. Als Schwester Tanja kam, mit der wir uns inzwischen duzten und herrlich herumblödelten, erzählte ich ihr, was Rene getan hatte und grinste. Sie sagte nichts. Dann half sie ihm zur Toilette und wickelte ihn aus. Nachdem sie seine Windeln entsorgt hatte, kam sie mit einem gefährlichen Lächeln an mein Bett, nahm die Urinflasche und leerte sie. Aber sie legte sie nicht wieder zurück. Stattdessen hob sie meine Bettdecke hoch, nahm eine dicke Windel vom Stapel und ehe ich protestieren konnte, war ich verklebt. Eine zweite kam darüber. Sie klatschte mir einmal mit der Hand auf den Schenkel, als ich mich wegdrehen wollte. „Du wirst gehorchen. Die Nachtschwester gibt dir heute Abend deine Flasche wieder. Komm Rene, ich leg dir auch noch eine um. Morgen früh versuchst Du’s ohne. Das hat ja gut geklappt. Du bist jetzt auch nicht mehr: Rene, allein in Windeln. So, Baby, Max, schön brav sein, oder ich sag’s der Mami.“ Rene holte sein Handy raus und fotografierte sich, als sie gegangen war. Seine Finger zeigten auf mich. Ich schüttelte den Kopf. Immer wieder. Dann gab ich nach und ließ ihn einen kurzen Blick auf meinen bewickelten Hintern werfen. Er nutzte den Moment und drückte auf den Auslöser. Wir sahen uns an. Es war eh alles zu spät. Beatrix hatte unsere Schwänze in alle Öffentlichkeit gestellt. Schlimmer konnte es für uns ohnehin nicht mehr werden. Ich nahm meinen Laptop, speicherte die Fotos und machte auch noch ein paar mehr. Ohne Gesichter oder andere verräterische Merkmale lud ich sie unter unserem Account hoch. Wir warteten. Natürlich meldeten sich alle Bekannten. Mein Handy ging pausenlos. Jenny rief an. „Liebling, du bist ja so süß. Dann brauchen wir gar kein eigenes Baby mehr. Du bekommst noch einen Schnuller und eine Strafhose dazu. Ich bin ab sofort die strenge Mami.“ Ja, das hatte ich nun davon. Rene erging es mit Kerrin natürlich nicht besser. Melanie fand die Idee super und beglückwünschte uns zur Rückkehr ins Kleinkindalter. Meine Mutter erklärte sich nicht mehr bereit mitzuspielen. Sie hätte genug von Babys und akzeptierte nur noch Enkelkinder. „Ach, Mum, wir brauchen etwas Spaß hier. Sonst wird es zu langweilig. Rene ärgert mich den ganzen Tag und er schnarcht so schrecklich!“ Ich hatte prompt ein Handtuch an der Backe. „Es ist umgekehrt, Mum. Wollen Sie nicht lieber mich als Sohn adoptieren und Max in ein Kinderheim stecken, am besten in ein Geschlossenes für schwer Erziehbare?“ Sie legte auf. Wenig später beglückwünschte uns Renes Vater zu unseren Windelpaketen. Meiner meldete sich nicht. Ich wusste, was das hieß. Er dachte sich seinen Teil. Die Tage wurden auf diese Weise etwas lustiger. Am Dienstag überraschte uns Doktor Dupret mit der Aussicht auf Entlassung am Freitag. Das war ja herrlich. Endlich ging es wieder heim. Mich nervte das Krankenhaus inzwischen sehr. Wir freuten uns beide. Renes Mutter hatte sich freigenommen und kam am Abend vorher extra mit dem Auto angefahren. Sie hatte sich mit meiner Mutter abgesprochen und wollte ein paar Tage bei uns Ferien machen. Auf einem Schloss zu wohnen, war schon etwas ganz Besonderes, dass sie sich nicht entgehen lassen durfte. Ich ließ die beiden erst mal diskret allein. Rene konnte sich vor Küssen und Liebkosungen kaum retten und hätte lieber Kerrin dafür in Anspruch genommen. Aber seine Mutter war so froh, ihn gesund in den Armen halten zu dürfen, dass er sich fügte. Wir verabschiedeten uns fröhlich von allen Ärzten und Schwestern. Am Nachmittag kam Wildenstein in Sichtweite. Renes Mutter staunte, genau wie alle anderen, die uns bisher besucht hatten. Rene und ich waren allerdings durch die Reise so müde und fertig, dass wir freiwillig schlafen gehen wollten. Rene bestand darauf, bei mir zu nächtigen. Wir warfen unsere Rucksäcke aufs Sofa. Wie ich mein Zimmer vermisst hatte! „Ich muss dich doch weiter ärgern können, nebenan macht das keinen Spaß“, meinte Rene, als wir uns daneben setzten. Sein Bett wurde gleich  aus dem Gästezimmer rüber gebracht. Am nächsten Tag kam Doktor Steiner aufs Schloss. Er wollte auch mal einen Hausbesuch machen, wie in den guten alten Zeiten, meinte er und untersuchte uns gründlich. Die Verbände an unseren Armen wechselte er auch und gab uns den Rat, später eine Tennismanschette darum zu binden, damit die Wunde nach der Heilung geschützt bleiben konnte. Das Gehen fiel mir noch ziemlich schwer. Ich fühlte mich, als wenn mein ganzer Unterleib gleich auseinander brechen würde. Ich sagte es ihm. „Das ist doch auch klar. Ein so großer Eingriff kann nicht im Nullkommanichts an dir vorübergehen. Jetzt ist Schonung für euch angesagt, meine Herren. Ich lasse euch noch einige Schmerztabletten da und wenn alles okay ist, sehen wir uns übermorgen bei mir unten in der Praxis zur Spritze und zum Verbandswechsel.“ „Und wann kann ich wieder Sport treiben und reiten?“, fragte ich. „Oh, je.“ Mein langjähriger Hausarzt seufzte laut auf. „Ich hatte dir doch gerade alles erklärt. Max, hast du schon Alzheimer? Du merkst doch selbst, wie du drauf bist. Frühestens in drei Monaten kannst du langsam mit Training anfangen.“ Schitt, dann bin ich gerade wieder soweit fit, wenn die Pumpe eingesetzt wird und die Sache geht von vorne los. Ich sparte mir mein Gejammer. Die Gesundheit ging nun mal vor.

 

 

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