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Flaschendrehen


just_aguay

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Die Minuten in der Dunkelheit dehnten sich zu Stunden. Leons Atem war flach, seine Hände tasteten verzweifelt über das kalte Metall, das ihn umschloss, doch das Schloss war unnachgiebig. Jeder Versuch, es zu öffnen, scheiterte. Die Wände des Raumes schienen näher zu rücken, und eine bedrückende Stille legte sich wie ein Gewicht auf seine Brust.

Er wusste nicht, ob die anderen wirklich gegangen waren. Die dumpfen Schritte, das Zuknallen der Tür – war das echt gewesen, oder hatten sie ihn einfach in eine Falle laufen lassen? Das Spiel hatte schon immer einen Unterton von Grausamkeit gehabt, aber das hier war anders. Es war geplant.

Plötzlich durchbrach ein Geräusch die Stille: das leise Knirschen eines Schritts. Leon spannte sich an, seine Augen suchten in der Dunkelheit nach Bewegung, doch er konnte nichts sehen. Ein Atemzug, fremd und langsam, kam von irgendwoher, ganz nah.

„Du bist noch hier.“ Die Stimme war tief, fast ein Flüstern, doch sie schnitt durch die Stille wie ein Messer. Leon erstarrte. Es war nicht Erik. Es war niemand aus der Gruppe.

„Warum hast du es zugelassen?“ fragte die Stimme, näher kommend. Leon spürte eine Kälte, die nicht nur von der Luft herrührte. „Du bist schwach. Und schwache Menschen verdienen, was sie bekommen.“

Eine Hand legte sich plötzlich auf seine Schulter, hart und unbeweglich. Leon wollte schreien, doch die Finger gruben sich in seinen Körper, zwangen ihn still zu bleiben. Die Gestalt – oder war es ein Schatten? – sprach weiter, leise und mit einem Hauch von Spott. „Jetzt gehörst du mir.“

Das Schloss klickte wieder. Doch statt Erleichterung fühlte Leon, wie etwas Kaltes, Schwereres den Käfig ersetzte. Die Berührung verschwand, die Dunkelheit blieb, und das Gefühl von Kontrolle, das er nie hatte, war nun endgültig fort.

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