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Obsidian


just_aguay

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Teil 2 – Der Eintritt ins Unbekannte

Die Nacht war frostig, als Daniel vor dem Obsidian stand. Das Gebäude war unscheinbar, ein düsterer Betonklotz in einer abgelegenen Seitenstraße der Stadt. Keine Schilder, keine Fenster, nur eine schwere schwarze Tür mit einem winzigen, roten Neonlicht darüber. Es flackerte in regelmäßigen Abständen, als wolle es ihn warnen.

Er atmete tief durch. Die Entscheidung, hierherzukommen, hatte ihn alles an Mut gekostet, was er noch besaß. Er wusste nicht, was ihn erwartete – nur, dass er den Schlüssel brauchte, und dass Viktor Armand keine leicht zu beeindruckende Person war.

Mit zittriger Hand drückte er auf den Klingelknopf. Sekunden vergingen, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten. Schließlich öffnete sich ein schmaler Sehschlitz in der Tür. Dunkle Augen musterten ihn skeptisch.

„Name?“ fragte eine tiefe, gelangweilte Stimme.

„Daniel. Ich… ich muss mit Viktor Armand sprechen.“

Die Augen verengten sich. „Hast du eine Einladung?“

„Nein, aber es ist wichtig. Es geht um etwas, das er gekauft hat.“ Er versuchte, seine Stimme ruhig zu halten, doch die Unsicherheit schwang deutlich mit.

Der Mann hinter der Tür musterte ihn erneut, dann schloss sich der Sehschlitz. Daniel dachte schon, er würde abgewiesen, als die Tür plötzlich mit einem metallischen Knirschen aufschwang. „Rein.“

Er trat zögerlich ein. Der Eingangsbereich war spärlich beleuchtet, die Wände aus rohem Beton. Eine schlanke, schwarz gekleidete Frau stand hinter einem kleinen Empfangstresen. Ihr Gesicht war von einer venezianischen Maske bedeckt, nur ihre scharfen Augen waren sichtbar.

„Viktor empfängt keine unangemeldeten Gäste“, erklärte sie kühl. „Aber er liebt Überraschungen. Folge mir.“

Sie führte ihn durch einen langen, schummrigen Gang. Musik und leise Stimmen drangen durch die Wände, begleitet von gelegentlichem Lachen und… anderen Geräuschen. Daniels Herz schlug schneller. Er hatte von solchen Clubs gehört, aber noch nie einen betreten. Die Atmosphäre war erdrückend, eine Mischung aus Neugier und Angst.

Schließlich erreichten sie eine massive Tür aus dunklem Holz. Die Frau klopfte dreimal und öffnete sie dann, ohne auf eine Antwort zu warten. Sie bedeutete ihm, einzutreten.

Der Raum dahinter war groß, luxuriös eingerichtet und in gedämpftes Licht getaucht. Rote Samtvorhänge hingen an den Wänden, und eine schwere Ledercouch stand vor einem Kamin, in dem ein schwaches Feuer glomm. Auf der Couch saß Viktor Armand.

Er war größer, als Daniel erwartet hatte, mit einer Präsenz, die den Raum erfüllte. Sein maßgeschneiderter Anzug betonte seine schlanke, aber kräftige Statur. Sein Blick war durchdringend, und ein amüsiertes Lächeln spielte auf seinen Lippen, als er Daniel musterte.

„Nun, was für ein unerwarteter Besuch“, sagte Viktor, seine Stimme ruhig, aber mit einem Hauch von Spott. „Ich hoffe, du weißt, dass Menschen nicht einfach so hier auftauchen. Du musst mir etwas Interessantes bieten, um meine Zeit nicht zu verschwenden.“

Daniel schluckte schwer. „Ich… ich bin hier wegen eines Schlüssels. Eines Schlüssels, den Sie kürzlich erworben haben.“

Viktors Augenbrauen hoben sich minimal. „Ah, der kleine silberne Schlüssel. Ich erinnere mich. Was ist damit?“

„Er gehört mir“, platzte Daniel heraus, seine Stimme bebte leicht. „Ich hatte keine andere Wahl, als ihn zu verkaufen, aber jetzt habe ich das Geld, um ihn zurückzukaufen.“

Ein leises Lachen entkam Viktors Lippen. „Zurückkaufen? Mein Lieber, ich kaufe Dinge nicht, um sie wieder loszuwerden. Besonders nicht, wenn sie… nun ja, solch ein interessantes Potenzial haben.“

Daniel fühlte, wie sich ein kalter Schauer über seinen Rücken legte. „Bitte… Ich brauche ihn. Ich bin bereit, jeden Preis zu zahlen.“

Viktor lehnte sich zurück und betrachtete ihn mit einem Blick, der gleichzeitig neugierig und berechnend war. „Jeden Preis? Das ist ein gefährliches Angebot, Daniel.“

Er deutete auf einen Sessel gegenüber der Couch. „Setz dich. Lass uns über deinen kleinen Schlüssel reden.“

Daniel wusste, dass er keine Wahl hatte. Zögernd nahm er Platz, das Gefühl, dass er gerade in eine Falle tappte, wurde mit jeder Sekunde stärker.

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