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Wo bin ich?


Empfohlener Beitrag

Geschrieben

Die Playtaste des Kassettenradios ist noch eingedrückt als ich die Augen aufmache. Das stumme Rauschen der Lautsprecher läuft noch, aber es ist kein Ton zu hören. Ich muss kurz überlegen wo ich bin, als ob ich an einem anderen Ort übernachtet hätte, aber ich war zu Hause. Die Dame, der ich folge, hat mir eine Kassette eingesprochen und mir aufgetragen sie mir jeden Abend zum Einschlafen anzuhören. Ich denke, sie möchte die Ruhe der Nacht nutzen, um tiefer in mich vorzustoßen und da die Kassette einige Stunden dauert und ich sie während des Schlafs laufen lassen soll, erhofft sie sich wahrscheinlich ein einfacheres eindringen in mein Unterbewusstsein. Ihre Versuche mich auf diesen Ebenen zu beherrschen gefallen mir sehr. Sie beweist mir damit, wie sehr sie mich an sie binden möchte und alleine das gibt mir ein warmes Gefühl. So wie es sich für die meisten Menschen warm anfühlt in ein lächelndes Gesicht zu schauen, das dir Verständnis ausdrückt. Möglicherweise war ich vor dem Einschlafen so weit in die Welt meiner Dame eingetaucht, dass ich den imaginierten Ort in einem hypnotischen Zustand angenommen hatte und erwartete ich müsste auch dort aufwachen. Vielleicht war das auch ein Zeichen dafür, dass dieser Ort, dem ich mich jeden Abend widme, mehr und mehr zu meinem zu Hause wird. Normalerweise stellt man sich die Frage nach dem Ort des Aufwachens doch nur, wenn man sich nicht zu Hause fühlt. Ich weiß es nicht, aber eigentlich ist das auch unwichtig. Früher oder später würde ich diesen Ort ohnehin als mein zu Hause annehmen müssen. Dass ich diesen Prozess so sehr beobachte, steht eigentlich im Gegensatz zu dem Willen meiner Dame, wenn ich so drüber nachdenke. Jedenfalls denke ich, dass es förderlich wäre, wenn ich es einfach geschehen lassen würde. Eine schwierige Aufgabe, für jemanden, der sich so sehr durch Meta-Ebenen angesprochen fühlt.
Ich stehe aus dem Bett auf, gehe ins Bad und putze meine Zähne. Waschen darf ich mich erst morgen wieder. Das sei gut für meine Haut und Haare. Ich stelle das nicht in Frage. Der einzige Mensch dem ich gefallen muss ist meine Dame. Mit der Zeit gewöhnt man sich an das ungewaschene Gefühl auf der Haut, das einem das aus dem Haus Gehen so unangenehm machte. Es wird nicht nur in Ordnung, man genießt es sogar und freut sich darüber, diesen Schritt für seine Dame gegangen zu sein. Dieser innere Schritt ist wahnsinnig erfüllend, auch wenn er klein zu sein scheint. Er ist erfüllend, weil es ein Schritt ist, der den Plan vorantreibt, den meine Dame mit mir hat. Welcher Plan das auch immer sein mag, ich liebe ihn. Natürlich kenne ich das grobe Ziel. Das kann dem vorankommen ja dienlich sein. Zumindest hilft es mir dabei den Willen auf noch nicht ausgesprochene Situationen zu transferieren. Der schmale Grat zwischen geleitetem und autonomem Denken ist weniger kompliziert als man ihn sich vielleicht vorstellt. Anfangs fragte ich mich noch ob der Widersprüchlichkeit, aber mit der Zeit habe ich ihn verstehen gelernt. Wenn das autonome Denken dem geleiteten Denken dient, ist es gut. Fertig. Ich kann ungefragt Denken – das Denken ist nicht zu vermeiden. Wenn ich also darüber nachdenke, auf welche Situationen ich den Willen meiner Dame transferieren kann, ist das gut, weil ich damit den Willen meiner Dame stärker verinnerlichen kann.

Sie hat mir noch nicht geschrieben. Will sie mich ärgern? Es stört mich, wenn ich morgens noch keine Anweisungen bekommen habe. Verdammt! Das wollte ich nicht! Es stört mich natürlich nicht! Das würde mir ja das Recht einräumen mich darüber zu beschweren – so ist es nicht. Es quält mich in unterwürfiger Form, wenn ich morgens keine Anweisungen bekomme. Wie ich innerlich formuliere, sei wichtig, sagt meine Dame. Ich müsste lernen zu denken, denn denken sei nichts anderes als unausgesprochene Sprache und die richtige Sprache musste ich ja auch lernen. Das habe ich verstanden.

Bis am Nachmittag die erlösende Nachricht auf meinem Smartphone-Display erscheint, frage ich mich in jeder dieser dunklen Sekunden die gleiche Frage: „Wann wird sie mir schreiben?“
Die kurze Nachricht über meine nachmittäglichen Aufgaben bringt wieder Sonne in mein Leben.
Mit einem leichten Lächeln der Geborgenheit drücke ich die Playtaste des Kassettenradios runter und schließe die Augen.

Geschrieben

Ich habe Privatgespräche entfernt. Bitte kommentiert sachlich und themenbezogen.

LG Fetmod FF, Forenteam

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