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Tod-langweilig


Empfohlener Beitrag

Geschrieben

Tod-langweilig

 

 

 

Der Alarm schrillt schon satte drei Minuten aus meinem Haus, ich bin im Garten und habe so überhaupt keinen Bock, darauf zu reagieren. Jetzt ausrücken passt mir so gar nicht. Schließlich habe ich gerade heute jede Menge zu tun. Gerade bin ich mit dem Rasen fertig, der Seerosenteich mit den Kois wäre jetzt eigentlich dran und die Kletterrosen bedürfen ebenso dringend meiner Aufmerksamkeit. Ich hasse es regelrecht, wenn sie außer Form geraten und wie Unkraut einfach am Spalier wuchern. Ich bin bekannt für meinen Garten. Die anderen drei kommen oft vorbei und wir haben uns schon mehrfach einen schönen Abend gemacht, bei Grill und Gitarre. Obwohl ich eigentlich nicht esse oder trinke, hat sich heraus gestellt, dass ich doch recht begnadet am Grill bin und auch immer Bier im Haus habe. Im Grunde genommen, habe ich die drei auch gerne bei mir sitzen, trotz dass Pests ewige Sticheleien, gerade wenn er zwei, drei Bier hatte, echt die Seuche sind. Lib (ich weiß nicht wann und wieso wir auf den Namen gekommen sind) schleppt überall seine Waage mit, der alte Kalorienzähler. Er meint, er habe es mit dem Magen und bevorzuge beim Essen ein ausgewogenes Verhältnis. Ich glaube, er hat einfach nur einen Tick und das seit knapp 8000 Jahren. War-den (er besteht auf den Bindestrich) wollte sich einmal bei mir, auch im Namen der anderen, für die zahlreichen Grillabende bedanken und mir bei der Gartenarbeit behilflich sein. Ich sage, nie wieder lass ich ihn irgendetwas in meinem Garten machen. Nimm die Rosenschere und mach wirklich nur die Geiztriebe weg und danach, schön mit dem Rasentrimmer um die Stämme und pass auf, dass du die Rinde nicht verletzt. So, kann ich mich erinnern, hab ich es jedenfalls gesagt. Ich war nur wirklich kurz in der Küche um uns, bzw. ihm ein paar Sandwiches zu machen... Steht der Kerl tatsächlich mitten im Garten mit dem Schwert und hackt wahllos auf Rosen, Magnolien, Stachelbeerbüschchen und sogar den Apfelbaum ein! Ist mir ja egal, ob es bei ihm hinterm Haus aussieht, wie ein Schlachtfeld. Bei mir macht er jedenfalls keine Gartenarbeit mehr. Gerade der Apfelbaum. Also nicht irgendein Apfelbaum, das ist DER Apfelbaum. Sie wissen schon, Schlange, Apfel, Eva, Adam... Ich hab ihn wieder hochgepäppelt, aber er hat Federn, bzw. Äste gelassen. Die Schlange habe ich hinten beim Kompost begraben.

Nun gut, Spaß ist Spaß und Dienst ist Dienst. Die Gartenarbeit wird warten müssen. Ich gehe ins Haus, wasch mir die Erde von den Händen, lege den obligatorischen Dienstumhang an und begebe mich in den Stall, um Rüdiger zu satteln. Ja, mein Pferd heißt Rüdiger. Was ist daran schlimm? Wenn er schon nur ein Skelett ist, muss er nicht noch unter einem diabolischen Namen leiden. Schließlich ist wirklich ein lieber, verspielter Schmuser, immer zu einem Scherz aufgelegt. Letztens, als ich ein wenig Zeit in der Hollywoodschaukel mit einem guten Buch verbrachte, kam er einfach so angeschlichen und klaute mir tatsächlich den linken Schienbeinknochen. Was haben wir gelacht, als ich ihn humpelnd durch den Garten gejagt habe. In der Freizeit ist er ein ausgekochtes Schlitzohr, aber er weiß natürlich auch, dass er im Dienst Haltung bewahren muss und ist da sehr gewissenhaft.

Ich lege ihm immer zwei Decken unter den Sattel. Das Geklapper beim Galopp ist sonst ohrenbetäubend, auch wenn man gar keine Ohren besitzt. Fast hätte ich die Sense vergessen. Manches mal habe ich schon überlegt, sie einfach zuhause zu lassen. Sie ist sperrig, sie ist unpraktisch, ich kann nur einhändig reiten und in den letzten 12000 Jahren sind wir nicht ein einziges mal ausgerückt, ohne dass es sich als ein Fehlalarm rausgestellt hätte. Aber man hat ja immer noch Hoffnung, dass es diese offensichtlich unfähige Gattung schafft, die Apokalypse auszulösen. Vielleicht durch Zufall, aber bestimmt nicht geplant.

Vor dem Stall stehen schon Lib und War-den. Ihre Pferde scharren schon aufgeregt mit den Hufen. Ich versuche, möglichst würdevoll einhändig auf Rüdiger zu steigen (ich bin schon drei mal runtergefallen, einmal direkt auf die Sense) und begebe mich zu den beiden. War-den ist ausgelassen wie immer, wedelt munter mit seinem Schwert in der Gegend herum und ahmt Armor nach. Lib kann sich vor Lachen kaum halten und hat zu tun, dabei nicht vom Pferd zu fallen. Wir reiten im ruhigen Trab nebeneinander in Richtung Himmelstor. Pest wird noch aufschließen. Er musste noch kurz wohin. Hat sich wohl was eingefangen, sagt Lib.

Kurz vorm Tor sind wir dann komlett. Die letzte Strecke gehen wir in den Galopp, um unsere Pferde warm laufen zu lassen. Auch Rüdiger brennt inzwischen aus den Nüstern und mich überkommt das Gefühl, dass heute tatsächlich der Tag gekommen sein könnte. Am Tor stoppen wir, um die Formalitäten abzuzeichnen und warten auf unser „Komm“.

Es dauert fast eine Ewigkeit, bis das erste „Komm“ ertönt. War-den stürmt mit funkenschlagenden Hufen los, er jauchzt laut und wedelt so wild mit seinem Schwert, dass er fast den oberen Torbogen erwischt. Danach kommen Lib und Pest. Ganz zum Schluß bin ich dran. Ich habe schon ein paar mal die Eingabe gemacht, dass als Drittes reite, da das Pferd von Pest immer ein wenig streng riecht, aber ich bekam jedesmal zur Antwort, dass ich mich an die Vorgabe zu halten habe. Also lasse ich, zumindest beim Start, ein wenig mehr Abstand zwischen mir und Pest, das geht dann einigermaßen.

Auf halber Strecke sind wir wieder sind wir fast wieder vereint und haben uns schön in Rage geritten. Jetzt habe ich auch Lust mal so richtig die Sense zu schwingen. Wir reiten im gestreckten Galopp, aus den Nüstern der Pferde schießen bei jedem Ausatmen meterlange Stichflammen und ihre Hufe versprühen bei jedem Tritt faustgroße Funken. Es ist einfach das größte, so mit den anderen zu stürmen und Tod und Verderben über die Welt zu bringen.

Mitten im Lauf ertönt plötzlich ein ohrenbetäubender Gong und der Ruf „Stopp! Fehlalarm!“

Die drei anderen bleiben aus dem Galopp spontan mit einer Vollbremsung stehen. Ich penne wohl ein wenig und knalle mit voller Wucht erst in Pest und dann in die anderen beiden. Pest, Lib und ich gehen zu Boden, einzig War-den kann sich halten und ihm fliegt lediglich das Schwert aus der Hand. So liegen wir nun, als Knäuel auf dem Boden und fluchen vor uns hin. Die meisten, der Flüche sind an mich gerichtet. Ich weiß, ich hab Fluch und später dann Lacher auf meiner Seite. Langsam rappeln wir uns auf und Pest hilft mir unter seinem Pferd hervor. Wir satteln auf und reiten mit hängenden Köpfen zurück nach Hause. Irgendwann höre ich von Pest „Und? Nachher Grillen bei dir?“ Als wäre nicht uns allen klar, dass ich nicht Nein sage. Ich schaue Pest mit dem ernstesten Blick, den mein Schädel zu bieten hat an und sage „Wenn du noch einmal furzt, während du vor mir reitest, mach ich dich kalt“ Als wir das Tor passieren lachen wir immer noch.

Vielleicht lege ich mich noch ein bisschen auf die Hollywoodschaukel und lese ein gutes Buch...

Geschrieben
vor 2 Stunden, schrieb Fenris_Lokisson:

Vielleicht lege ich mich noch ein bisschen auf die Hollywoodschaukel und lese ein gutes Buch...

....wenn neben dir noch Platz auf der Schaukel ist, würde ich gerne mit dir über das Leben philosophieren.:relaxed:

 

Danke für diesen Blick in deine Gedanken. Ich warte gespannt auf deine nächste Geschichte, bei dir weiß man nie in welche Richtung es geht.:heart_eyes:

 

 

Geschrieben

Sehr gut geschrieben .....
Obwohl ER eigentlich in Großbuchstaben schreiben sollte .....zumindest in der wörtlichen Rede

Geschrieben

Darf ich das einem Künstler zuspielen welcher "DER TOD" im Ausweis stehen hat? :-D

Geschrieben (bearbeitet)

@Kinara; Gerne unter meinem Copyright. 😉

bearbeitet von Gelöschter Benutzer
unötiges Zitat, beeinträchtigt den Lesefluss
  • 3 Wochen später...
Geschrieben

Ich mag Geschichten in denen das Gesicht von hä zum Schmunzeln wandert ;) 

Vielen Dank für dafür ;) 

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